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Abgasskandal - Paukenschlag des EuGH - C-100/21

21.03.2023

Der Europäische Gerichtshof hat im Abgasskandal für einen echten Paukenschlag gesorgt und die Rechte der Verbraucher mit Urteil vom 21. März 2023 erheblich gestärkt (Az. C-100/21). Der EuGH hat entschieden, dass sich die Autohersteller bei der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen schon dann schadenersatzpflichtig gemacht haben, wenn sie nur fahrlässig gehandelt haben. Demnach hat der Käufer einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn ihm durch die unzulässige Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist.

„Deutsche Gerichte sind bisher davon ausgegangen, dass Schadenersatzansprüche nur dann bestehen, wenn der Autohersteller vorsätzlich sittenwidrig gehandelt hat. Damit ist es nun vorbei. Nach dem EuGH-Urteil reicht schon Fahrlässigkeit für Schadenersatzansprüche aus. Das erleichtert die Durchsetzung von Schadenersatzansprüche erheblich, gerade auch bei Fahrzeugen mit einem Thermofenster bei der Abgasreinigung“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Solche Thermofenster sorgen dafür, dass die Abgasreinigung nur in einem festgelegten Temperaturkorridor optimal arbeitet. Bei hohen oder kühleren Außentemperaturen wird die Abgasreinigung jedoch reduziert. Folge ist, dass der Stickoxid-Ausstoß steigt und gesetzliche Grenzwerte nicht mehr eingehalten werden.

Autobauer argumentieren regelmäßig, dass die Thermofenster aus Motorschutzgründen notwendig seien. Der EuGH hat dieser Argumentation aber eine klare Absage erteilt und mit mehreren Urteilen deutlich gemacht, dass ein solches Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Auch das Verwaltungsgericht Schleswig hat sich dieser Rechtsprechung mit Urteil vom 20. Februar 2023 entschieden, dass das Software-Update bei einem VW Golf mit dem Skandalmotor EA 189 unzulässig ist, weil es nach dem Update eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters enthält. Etlichen Dieselfahrzeugen des VW-Konzerns bei denen nach Bekanntwerden des Abgasskandals 2015 ein Update aufgespielt wurde, könnte nun ein erneuter Rückruf drohen.

Vor dem EuGH ging es nun um einen Mercedes 220 CDI bei dem ein Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz kommt. Der Käufer hatte daher Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend gemacht. Das Landgericht Ravensburg hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob sich Mercedes schon dann schadenersatzpflichtig gemacht hat, wenn das Thermofenster nur fahrlässig und nicht aus Vorsatz verwendet wurde, um die Einhaltung der Grenzwerte beim Emissionsausstoß zu umgehen.

Der EuGH teilte in seinem Urteil nun die Auffassung seines Generalanwalts Athanasios Rantos, dass Schadenersatzansprüche schon bei Fahrlässigkeit bestehen. Mit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung versichere der Hersteller dem Käufer, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dies sei aber nicht der Fall, wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet werde. Die Interessen des Käufers, ein Auto zu erwerben, dass den gesetzlichen Anforderungen entspricht, müssten geschützt werden, so der EuGH.

Das Urteil wurde mit Spannung erwartet und die Gerichte legten daher Verfahren zum Dieselskandal auf Eis. Die EuGH-Entscheidung bezieht sich zwar auf einen Mercedes. Thermofenster wurden aber auch von zahlreichen anderen Autoherstellern wie VW, Audi, Porsche, BMW oder Opel verwendet. „Demensprechend lässt sich das Urteil übertragen. Millionen Dieselfahrer haben nun gute Chancen, Schadenersatz im Abgasskandal durchzusetzen“, so Rechtsanwalt Gisevius. Eine erste BGH-Entscheidung nach dem EuGH-Urteil steht am 8. Mai an. Dabei geht es um eine Schadenersatzklage gegen VW.

Abgas-Skandal, Mercedes Urteile

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31.05.2023

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Die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des EuGH wirkt sich auch im Wohnmobil-Abgasskandal positiv auf Schadenersatzansprüche der geschädigten Käufer aus, wie ein Urteil des Landgerichts Halle vom 10. Mai 2023 zeigt.
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Der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler hat im Abgasskandal am 16. Mai 2023 ein Geständnis abgelegt. Durch seine Verteidigerin ließ er am Landgericht München vortragen, dass er zwar nicht gewusst habe, dass Abgaswerte manipuliert und Käufer geschädigt wurden, er habe es aber „als möglich erkannt und billigend in Kauf genommen“, zitiert das Handelsblatt. Weiter räumte Stadler ein, dass er die Möglichkeit hatte einzugreifen, dies allerdings unterlassen habe.
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