Rückrufservice

Abgasskandal: Thermofenster ist laut EuGH-Generalanwalt unzulässige Abschalteinrichtung

24.09.2021

Immer wieder klappt das sog. Thermofenster im Abgasskandal auf und die Diskussion darüber, ob es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos hat in seinem Schlussantrag vom 23. September 2021 deutlich gemacht, dass er das Thermofenster für rechtwidrig hält. Dem Verbraucher könne daher nicht das Recht genommen werden, gemäß der europäischen Richtlinie 1999/44 die Auflösung des Kaufvertrags zu verlangen (Rechtssachen C-128/20, C-134/20, C-145/20).

In den Verfahren geht es um Anfragen österreichischer Gerichte zur Zulässigkeit von Thermofenstern in Fahrzeugen von VW und Porsche. Die Software in den Fahrzeugen sorge dafür, dass bei Außentemperaturen unter 15 und über 33 Grad oder wenn das Auto in Höhenlagen über 1000 Meter gefahren wird, die Abgasrückführung reduziert wird, was einen Anstieg der Stickoxid-Emissionen über den zulässigen Grenzwert hinaus zur Folge habe, teilte der EuGH mit.

Für die Frage, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, sei wesentlich, wie das Emissionsverhalten des Fahrzeugs im normalen Fahrbetrieb und nicht nur unter den Bedingungen des Prüfmodus NEFZ ist. Dabei sei festzustellen, dass das Thermofenster für die tatsächlichen Fahrbedingungen nicht repräsentativ sei, da die Durchschnittstemperaturen in Österreich, Deutschland und anderen EU-Staaten deutlich unter 15 Grad liegen. Zudem seien die Fahrzeuge auch häufig in Höhen über 1000 Meter unterwegs. Das Thermofenster verringere daher unter normalen Nutzungsbedingungen im normalen Fahrbetrieb die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems. Daher handele es sich um eine Abschalteinrichtung, führte Generalanwalt Rantos aus.

Abschalteinrichtungen seien nur dann zulässig, wenn sie notwendig sind, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Dies sei beim Thermofenster nicht der Fall. Es diene vornehmlich der Schonung von Komponenten des Abgasrückführungssystems wie z.B. dem AGR-Ventil. Das Funktionieren dieser Teile berühre aber nicht den Motorschutz, so der Generalanwalt weiter.

Thermofenster seien daher rechtswidrig. Ob ein Thermofenster von Anfang an in einem Fahrzeug verbaut oder erst später installiert wurde, sei unwesentlich. Ein Verbraucher dürfe aber erwarten, dass ein Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wird eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet, könne der Verbraucher daher die Vertragsauflösung verlangen, stellte Generalanwalt Rantos klar.

„Der EuGH hatte schon im Dezember 2020 entschieden, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig sind, wenn sie zu einem erhöhten Emissionsausstoß im realen Straßenverkehr führen. Ausnahmen seien nun in sehr engen Grenzen zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig. Funktionen, die den Motor eher langfristig vor Verschleiß schützen sollen, fallen nicht darunter“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Mit einem Urteil des EuGH wird in den kommenden Monaten gerechnet. Die Richter sind nicht an die Ausführungen des Generalanwalts gebunden, folgen aber oft seiner Argumentation. „Es ist zu erwarten, dass der EuGH klarstellt, dass Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtungen sind“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Abgas-Skandal

Hier mehr zu diesem Rechtsgebiet erfahren oder anrufen +49 711 - 520 888 0.
Gerne können Sie uns eine Mail senden an info@bruellmann.de

Ist das der Fall, nimmt der Abgasskandal noch einmal eine neue Dimension an. Thermofenster werden nicht nur von VW oder Porsche, sondern auch von Daimler und vielen anderen Autoherstellern verwendet.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/abgasskandal

Ansprechpartner

Sekretariat: Frau Kalaitsidou
Tel:  0711 / 520 888 - 29
Fax: 0711 / 520 888 - 23  
E-Mail: f.gisevius@bruellmann.de

Kontaktieren Sie uns

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@bruellmann.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. *
Aktuelles
16.04.2024

Das OLG Nürnberg hat BMW wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei einem BMW 218 d mit Urteil vom 1. März 2024 zu Schadenersatz verurteilt (Az.: 1 U 97/23). Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises und kann das Fahrzeug behalten.
11.04.2024

Im Abgasskandal hat das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 20. März 2024 entschieden, dass der Käufer einer Mercedes S-Klasse Anspruch auf Schadenersatz hat (Az.: 3 O 349/21). Der Kläger erhält rund 12 Prozent des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurück – unterm Strich rund 7.200 Euro. Das Fahrzeug kann er behalten.
05.04.2024

Im Abgasskandal hat das OLG Hamm mit Urteil vom 19. März 2024 Schadenersatz bei einem VW T6 zugesprochen (Az.: I-19 U 497/21). In dem Fahrzeug sei eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form der sog. Fahrkurvenerkennung verbaut. „Unser Mandant ist dadurch geschädigt worden und hat nach dem Urteil des OLG Hamm Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte, der das Urteil erstritten hat.
04.04.2024

BMW ist im Abgasskandal vom OLG Nürnberg zu Schadenersatz verurteilt worden. Das Oberlandesgericht entschied mit Urteil vom 1. März 2024, dass BMW dem Kläger zehn Prozent des Kaufpreises ersetzen muss (Az.: 1 U 3435/22). Das Fahrzeug, ein BMW 318 d, kann der Kläger behalten.
28.03.2024

Niederlage für Mercedes im Abgasskandal: Das OLG Stuttgart hat im Musterverfahren mit Urteil vom 28. März 2024 entschieden, dass Mercedes in verschiedenen Modellen unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet hat (Az.: 24 MK 1/21). Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. „Dennoch ist die Tür für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal damit weiter geöffnet worden“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
26.03.2024

Die Stadt München muss das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge verschärfen. Das hat der Bayrische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 21. März 2024 entschieden. Damit droht auch Dieselfahrzeugen mit der Schadstoffklasse Euro 5 ein Fahrverbot in München.