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Ausstieg aus Vertrag über Online-Coaching - Urteil des OLG Celle 3 U 85/22

24.04.2023

Viele Teilnehmer von Online-Coachings mussten bereits die Erfahrung machen, dass sich der erhoffte Erfolg nicht einstellte. Stattdessen haben sie viel Geld für ein Online-Coaching bezahlt, das ihnen nichts bringt oder stecken in den Verträgen fest und müssen weiterhin Ratenzahlungen erbringen. Ein Urteil des OLG Celle vom 1. März 2023 zeigt jedoch, dass der Ausstieg aus einem großen Teil der Online-Coaching-Verträge sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer möglich ist (Az.: 3 U 85/22).

Demnach ist der geschlossene Vertrag über ein Online-Coaching nichtig, wenn der Coach oder der Anbieter nicht über die erforderliche Zulassung für Fernlehrgänge gemäß § 12 FernUSG (Fernunterrichtsschutzgesetz) verfügt. „Diese Zulassung dürfte nur in seltenen Fällen vorliegen“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Folge ist, dass die Online-Coaching-Verträge unwirksam sind – und zwar auch dann, wenn der Teilnehmer den Vertrag als Unternehmer abgeschlossen hat, um bspw. sein Geschäft in die Erfolgsspur zu bringen.

In dem Fall vor dem OLG Celle hatte eine Frau ein Online-Coaching über 12 Monate abgeschlossen. Dafür zahlte sie eine monatliche Rate in Höhe von 2.200 Euro. Nur wenige Tage nach der Auftragsbestätigung erklärte sie die Anfechtung sowie Widerruf und Kündigung des Vertrags. Das wollte der Coach nicht akzeptieren. Er argumentierte, dass die Frau den Vertrag als Unternehmerin abgeschlossen habe und ihr daher kein Widerrufsrecht zustehe. Deshalb klagte er auf die vollständige Zahlung der Kursgebühren.

Dagegen wehrte sich die Frau. Zur Begründung führte sie aus, dass der abgeschlossene Vertrag gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig sei, weil der Kläger nicht über die erforderliche Zulassung gemäß § 12 FernUSG verfüge. Darüber hinaus sei der Vertrag wegen der überhöhten Vergütung gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig.

Das OLG Celle folgte der Argumentation der Frau und wies die Klage auf Zahlung der Gebühren wie auch schon das Landgericht Stade ab. Während das Landgericht in erster Instanz darauf abstellte, dass der Vertag wegen Wuchers sittenwidrig und damit nichtig sei, verwies das OLG Celle auf das Fernunterrichtsschutzgesetz und machte deutlich, dass Online-Coaching-Verträge nur dann wirksam abgeschlossen wurden, wenn der Coach auch über die erforderliche staatliche Zulassung für Fernlehrgänge verfüge. Der Vertrag in dem vorliegenden Fall sei schon unwirksam, weil diese Zulassung nicht vorliege. Ob der Vertrag noch aus anderen Gründen wie z.B. Wucher unwirksam sei, müsse nicht mehr festgestellt werden. Im Ergebnis müsse die beklagte Frau keine weiteren Zahlungen mehr leisten und könne bereits gezahlte Gebühren zurückfordern.

Weiter führte das OLG aus, dass das FernUSG nicht nur bei Verbraucherverträgen Anwendung finde, sondern auch Unternehmer schütze, die einen Vertrag über einen Fernlehrgang abgeschlossen haben. Daher spiele es keine Rolle, ob die beklagte Frau den Online-Coaching-Vertag als Verbraucherin oder als Unternehmerin abgeschlossen habe – er sei unwirksam, so das OLG.

„Damit hat das OLG Celle den Ausstieg aus vielen Coaching-Verträgen geebnet, denn es dürfte die Ausnahme sein, dass Coaches über die erforderliche Zulassung nach dem FernUSG verfügen. Viele Verträge können nun rückabgewickelt werden, unabhängig davon, ob sie als Verbraucher oder als Unternehmer abgeschlossen wurden“, so Rechtsanwalt Seifert.

Verbraucherrecht

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