Im Grunde genommen ist die Sache recht eindeutig. Wird eine Ehe geschieden, wird auch die Erbeinsetzung des Ehepartners im Testament unwirksam. Es kommt aber auf die Feinheiten an. Wurde das Testament errichtet oder ein Erbvertrag geschlossen, bevor das Paar geheiratet hat, kann die letztwillige Verfügung zu Gunsten des Partners auch nach der Scheidung noch gültig sein und der ehemalige Partner zum Erben werden. Das zeigt ein Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2024 (Az.: IV ZB 26/23).
In dem zu Grunde liegenden Fall hatten die Erblasserin und ihr späterer Ehemann 1995 einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Schlusserben sollten der Sohn der Erblasserin und die beiden Kinder ihres Partners werden. Einige Jahre später heiratete das Paar. Die Ehe hielt nicht und wurde 2021 rechtskräftig geschieden. Die geschiedenen Eheleute wollten den Erbvertrag zwar auflösen, zu einer Unterschrift einer notariellen Vereinbarung durch die Erblasserin ist es jedoch nicht mehr gekommen. Ihr Ex-Ehemann beantragte daher den Erbschein als Alleinerbe und verwies auf den Erbvertrag.
Dagegen legte der Sohn der Erblasserin Beschwerde ein. Er argumentierte, dass der Erbvertrag aufgrund der Scheidung unwirksam sei. Das OLG Zweibrücken wies die Beschwerde jedoch zurück und auch am Bundesgerichtshof hatte der Sohn keinen Erfolg.
Der Erbvertrag liefere keine Anhaltspunkte dafür, dass die wechselseitige Einsetzung als Alleinerben entfallen solle, wenn das Paar später heiraten und die Ehe wieder geschieden werden sollte, so der BGH. Der Umstand, dass das die Vertragsparteien nach der Scheidung möglicherweise zu einer einvernehmlichen Aufhebung des Erbvertrags bereit waren, habe keinen Einfluss, da es dazu nicht mehr gekommen sei.
Die Erbeinsetzung des ehemaligen Ehemanns sei auch nicht gemäß § 2077 Abs. 1 BGB unwirksam. Nach dieser Regelung ist eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst wurde. Gleiches gilt gemäß § 2077 Abs. 2 BGB für Verlobte. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor, so der BGH. Das Paar sei weder verheiratet noch verlobt gewesen, als es den Erbvertrag abgeschlossen hat.
Die Regelungen des § 2077 BGB seien auch nicht analog auf Fälle anwendbar, in denen ein Testament oder Erbvertrag vor der Eheschließung errichtet wurde, machte der BGH deutlich. Dies sei auch dann nicht der Fall, wenn die Vertragspartner später heiraten und die Ehe geschieden wird. Nichteheliche Lebensgefährten unterließen bewusst eine rechtliche Bindung ihrer Beziehung und verknüpften mit dem Ende der Beziehung auch keine Rechtsfolgen. Daher gingen sie auch nicht automatisch von einer Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung aus. Daran ändere auch eine spätere Eheschließung nichts, so der BGH.
„Das Urteil zeigt, dass Paare eine klare Regelung bezüglich letztwilliger Verfügungen treffen müssen, die sie vor der Eheschließung getroffen haben. Denn diese werden nicht automatisch durch die Scheidung unwirksam“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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