ÜBERRASCHENDE WENDE IM INSOLVENZVERFAHREN
ÜBERRASCHENDE WENDE IM INSOLVENZVERFAHREN
Nach bisherigem Stand der Dinge mussten Geschädigte der Securenta AG davon ausgehen, einen Totalausfall ihrer Einlage hinnehmen zu müssen und nicht einmal mit einer geringfügigen Erstattung der geleisteten Einlage rechnen zu dürfen. Ratenzahler sahen sich außerdem dem Risiko ausgesetzt, vom Insolvenzverwalter auf Erbringung der vollständigen Einlage in Anspruch genommen zu werden.
So jedenfalls wären die Aussichten, ginge es nach dem bisherigen Insolvenzverwalter Peter Knöpfel. Nach dessen Auffassung sind Anleger Gesellschafter und nicht Gläubiger der insolventen Securenta AG und würden als solche nichts von ihrer Einlage zurückerhalten. Wörtlich heißt es hierzu auf der Homepage zur Insolvenz der Securenta AG:
„Ansprüche atypisch stiller Gesellschafter sind keine Darlehensforderungen, sondern Einlagen, die am Ergebnis der Gesellschaft teilnehmen.
Ausweislich der vorliegenden Zeichnungsscheine haben die Verantwortlichen des schuldnerischen Unternehmens für bedeutende Maßnahmen der Gesellschaft die Zustimmung der atypisch stillen Gesellschafter einzuholen, so dass nach übereinstimmender Kommentarmeinung (...) atypisch stille Gesellschafter bezüglich ihrer Ansprüche solchen von eigenkapitalersetzenden gleichzusetzen sind, was im Ergebnis zu einer Eingruppierung solcher Forderungen unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO führt.“
Doch damit nicht genug. Um Forderungsanmeldungen geschädigter Anleger schon im vornherein auszuschließen, war der Insolvenzverwalter Peter Knöpfel zwischenzeitlich dazu übergegangen, die Geschädigten gezielt zu verunsichern, indem er in einem Rundschreiben verbreiten ließ, geschädigte Anleger, welche Ansprüche anmeldeten, müssten damit rechnen, sämtliche Steuervorteile erstatten zu müssen.
Wörtlich heißt es hierzu:
„Fest steht nach Auffassung des Insolvenzverwalters aber bereits heute, dass solche Anleger, die (...) Schadensersatzansprüche geltend gemacht haben, (...) , damit auch die vormals gewährten steuerrechtlichen Verlustzuweisungen aberkannt bekommen, sodaß Steuernachzahlungen einschließlich Nachzahlungszinsen entstehen.“
„Diese Auffassung des Insolvenzverwalters halten wir für überaus zweifelhaft! Allein durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen werden nicht automatisch frühere Steuervorteile aberkannt“, weiß Rechtsanwalt Hansjörg Looser der Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte Stuttgart.
„Glücklicherweise kommt es auf den Standpunkt des Insolvenzverwalters Peter Knöpfel nicht mehr an“, ergänzt Rechtsanwalt Looser.
Durch Beschluß des Amtsgerichts Göttingen vom 03.06.2008 wurde der bisherige Insolvenzverwalter Peter Knöpfel auf seinen Antrag hin aus dem Amt entlassen.
„Hintergrund der Entlassung des vorläufigen Insolvenzverwalters Knöpfel dürfte nicht nur die turbulente Gläubigerversammlung vom 25.03.2008 gewesen sein, auf der einmal mehr offenbar wurde, dass er einzelne Gläubiger gegenüber den geschädigten Anlegern bevorzugt“, führt Rechtsanwalt Hansjörg Looser weiter aus, „sondern auch der Umstand, dass der Insolvenzverwalter unter Umgehung der Verfahrensbevollmächtigen/Rechtsanwälte, sämtliche Anleger über seinen (rechtlich umstrittenen) Standpunkt informiert hat.“
„Hinzu kommt,“ so Rechtsanwalt Looser „dass trotz der Insolvenzanmeldung der Securenta AG vom Insolvenzverwalter Knöpfel weiter Beiträge von Anlegern eingezogen wurden, obwohl mit Eröffnung der Insolvenz die stille Beteiligung der Anleger beendet wurde.“
Was ist zu tun?
Sofern noch nicht geschehen, sollten alle Anleger der Securenta AG unverzüglich ihre Zahlungen an die Securenta AG einstellen. Sämtliche Zahlungen an die insolvente Securenta AG sind mit großer Wahrscheinlichkeit unwiederbringlich verloren.
Mit dem Abgang des Insolvenzverwalters Knöpfel wurde – wie bereits auf der Gläubigerversammlung von sämtlichen Anlegervertretern gefordert – Prof. Dr. Rattunde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser ist bereits Insolvenzverwalter der Göttinger Gruppe. Inwiefern sich die Lage der geschädigten Anleger durch diesen Wechsel verbessert, bleibt abzuwarten.
Zumindest ließ Prof. Dr. Rattunde schon lange vor dem Wechsel verlautbaren, die angemeldeten Forderungen der Anleger nicht bestreiten zu wollen. „Dies würde zwar nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Geschädigten ihr Geld zurück erhalten,“ so Rechtsanwalt Hansjörg Looser, „etwaige Nachforderungen durch den Insolvenzverwalter können in diesem Fall wahrscheinlich ausgeschlossen werden.“
Wenigstens etwas.
SECURENTA AG
SECURENTA AG
Außer Spesen nichts gewesen, so muß nach der Gläubigerversammlung der Securenta AG am 25.03.2008 das nüchterne Fazit lauten. In beinahe belustigter Form führte der vorläufige Insolvenzverwalter Peter Knöpfel nonchalant aus, was für Tausende von Anlegern eine finanzielle Katastrophe darstellt.
Die Fakten
Zeichnungssumme insgesamt: 2,4 Mrd. €
Eingesammeltes Kapital: 900 Mio. €
Vertriebskosten: ca. 400 Mio. €
Verspekuliertes Kapital: ca. 500 Mio. €
„Dies bedeutet im Klartext“, so Rechtsanwalt Looser, „dass – wie auf der Gläubigerversammlung weiter mitgeteilt wurde – die insolvente Securenta AG über ein Guthaben von nur noch 1 Mio. € verfügt“.
Durch Veräußerung der vorhandenen Immobilien wird sich nach Aussage des vorläufigen Insolvenzverwalters das Guthaben zwar geringfügig erhöhen, mehr als zwei bis drei Prozent ihres Geldes können die Gläubiger der Securenta AG jedoch nicht erwarten. „Es wurden dementsprechend Millionen Euro von Anlegergeldern buchstäblich verbrannt“, ergänzt Rechtsanwalt Hansjörg Looser.
Wie dem 70-seitigen Bericht des vorläufigen Insolvenzverwalters Knöpfel zu entnehmen ist, wurde bereits 2004 der Geschäftsbetrieb der Securenta AG faktisch eingestellt, eine Anleger- und Finanzbuchhaltung gab es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Die sich im Zuge der Überprüfung der Buchhaltung ergebenden gravierenden Buchungsfehler führten zur Anfechtung der Bilanzen von 2002 und 2003 durch den vorläufigen Insolvenzverwalter. Der Jahresabschluß 2004 wird voraussichtlich ebenfalls anzufechten sein.
Dadurch ist, so der vorläufige Insolvenzverwalter Knöpfel, von einer Dauer des Insovenzverfahrens von 7 bis 10 Jahren auszugehen! Als wäre das noch nicht genug, bestehen weitere Schwierigkeiten der Anleger darin, dass der vorläufige Insolvenzverwalter Knöpfel bislang grundsätzlich davon ausgeht, dass die geschädigten Securenta-Anleger keine Gläubiger der Securenta AG sind!
Daraus resultieren für die betroffenen Anleger folgende Risiken
- Totalverlust der Einlage Nachzahlung bereits erhaltener Ausschüttungen
- Erbringung der noch nicht bezahlten
- Zeichnungssumme trotz Insolvenz der Securenta AG
- Rückforderung der Steuervorteile durch das Finanzamt
Vor diesem Hintergrund ist jeder Securenta-Anleger dringend gehalten, seine Möglichkeiten überprüfen zu lassen, ob gegen die Wirtschaftsprüfer, den Vertrieb oder seinen Berater Schadensersatzansprüche bestehen.