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WIDERSPRUCH VON LEBENSVERSICHERUNGEN

BGH SETZT VERBRAUCHERFREUNDLICHE RECHTSPRECHUNG KONSEQUENT FORT

Stuttgart 11.08.2015

Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen können widerrufen werden, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über seine Widerrufsmöglichkeiten belehrt wurde. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 7. Mai 2014 entschieden (IV ZR 76/11).

Hintergrund der Entscheidung des BGH ist, dass viele Lebensversicherungen, die zwischen dem 29. Juli 1994 und 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden, eine Klausel enthielten, nach der das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Dies galt bei Lebensversicherungen nach dem sog. „Policenmodell“ selbst dann, wenn der Versicherungsnehmer gar nicht über seine Widerrufsmöglichkeiten belehrt wurde. Diese Klausel sei nicht mit europäischen Recht vereinbar und unwirksam, entschied der BGH.

Die Folge: Das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers besteht weiter fort, wenn er nicht ordnungsgemäß über seine Widerrufsmöglichkeiten aufgeklärt wurde. Die Police kann auch noch Jahre nach Abschluss widerrufen werden. Das gilt auch dann, wenn die Versicherung bereits vorzeitig gekündigt wurde.

Die Widerrufsfrist wird erst dann in Gang gesetzt, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen vollständig erhalten hat und zudem ordnungsgemäß über seine Widerrufsmöglichkeiten belehrt wurde.

Die Widerrufsbelehrung ist z.B. dann fehlerhaft, wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass der Widerruf auch per E-Mail erfolgen kann oder es reicht, wenn der Widerspruch innerhalb der Widerrufsfrist abgesendet wird und nicht das Eingangsdatum beim Versicherer entscheidend ist. Außerdem muss sich die Widerrufsbelehrung auch formal deutlich vom restlichen Text abheben.

Bei einem erfolgreichen Widerspruch wird die Lebensversicherung oder Rentenversicherung komplett rückabgewickelt. Der Versicherungsnehmer erhält die gezahlten Prämien komplett zurück. Nur für den gewährten Versicherungsschutz muss er sich einen gewissen Betrag abziehen lassen.

„Der Widerspruch ist für Versicherungsnehmer in den meisten Fällen finanziell deutlicher lukrativer als die vorzeitige Kündigung, bei er nur den eher geringen Rückkaufswert erhält“, so Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.   Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer auch Anspruch auf Nutzungszinsen auf die geleisteten Prämien. Allerdings muss der Nutzen, den der Versicherer tatsächlich gezogen hat, konkret dargelegt und bewiesen werden.

Ansonsten kann der Versicherer bei einem erfolgreichen Widerruf der Lebens- oder Rentenversicherung nur noch die für den Kunden ans Finanzamt abgeführte Kapitalertragssteuer und den Solidaritätszuschlag von den zu erstattenden Prämien abziehen.

Weitere Positionen wie Abschlusskosten oder Verwaltungskosten könnten aber nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen, entschied der BGH mit zwei weiteren Urteilen vom 29. Juli 2015 (Az.: IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14).

„Die Praxis zeigt, dass die Versicherer bei einem Widerruf immer wieder versuchen, dem Verbraucher weitere Kosten abzuziehen. Diesem Vorgehen hat der BGH mit seiner konsequenten Rechtsprechung aber einen Riegel vorgeschoben“, begrüßt Rechtsanwalt Seifert die aktuellen Urteile.

Die Kanzlei BRÜLLMANN bietet Ihnen hier eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten.

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Aktuelle News


Der Widerruf einer Lebensversicherung kann auch Jahre nach Abschluss der Police noch wirksam erfolgt sein. Das hat der BGH mit Urteil vom 19. Juni 2024 deutlich gemacht (Az.: IV ZR 357/21). Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Widerruf einer Lebensversicherung in gleich 13 Fällen erfolgreich erfolgt ist.

Der Widerspruch einer Rentenversicherung kann noch Jahre nach Abschluss der Police möglich sein. Das zeigt auch ein Urteil des OLG Dresden vom 30. April 2024 (Az.: 3 U 1427/23). Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass eine Rentnerin ihre 2007 abgeschlossene Rentenversicherung wirksam widersprochen hat.

Der Bundesgerichtshof hat ein weiteres Mal entschieden, dass eine Rentenversicherung auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen werden kann. Mit Urteil vom 10. Juli 2024 hat der BGH deutlich gemacht, dass eine lange Zeitspanne zwischen Vertragsabschluss und erfolgtem Widerspruch, im konkreten Fall 14 Jahre, einem erfolgreichen Widerspruch nicht entgegensteht (Az.: IV ZR 196/22).

Der BGH hat mit Urteil vom 19. Juni 2024 ein weiteres Mal deutlich gemacht, dass der Widerruf einer Lebensversicherung oder Rentenversicherung noch Jahre nach Abschluss möglich ist, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt wurde (Az.: IV ZR 401/22).

Bei älteren Lebensversicherungen kann es noch einen vereinbarten Garantiezins oder Steuervorteile geben. Daher sollten Versicherungsnehmer vorsichtig sein, wenn der Versicherer ihnen einen Wechsel von einem Altvertrag in einen Neuvertrag anbietet, denn diese Vorteile können dann verloren gehen. Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 27. September 2023 die Rechte der Versicherungsnehmer gestärkt und entschieden, dass die Kündigung der alten Police unwirksam ist, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über die Konsequenzen aufgeklärt wurde (Az.: 20 U 22/23).

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24. Januar 2024 ein weiteres Mal bestätigt, dass der Widerruf einer Rentenversicherung auch Jahre nach Abschluss der Police noch wirksam erfolgen kann (Az.: IV ZR 306/22). Der Widerruf ist dann noch möglich, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und die Widerspruchsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt wurde.
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Die Lebensversicherung galt lang als wichtiger Baustein für die finanzielle Altersvorsorge. Die Zeiten haben sich geändert. Heute sind viele Versicherte von der schmalen Rendite ihrer Lebensversicherung enttäuscht. Bevor die Police jedoch voreilig gekündigt wird, sollte geprüft werden, ob nicht der Widerspruch oder der Rücktritt möglich ist. Das ist in der Regel deutlich lukrativer als die Kündigung.
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Das Amtsgericht Hamburg hat am 6. Februar 2025 die Insolvenzverfahren über die My House AG und die My House Vertriebsgesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung regulär eröffnet (Az.: 67g IN 388/24 und 67g IN 387/24). Gläubiger können ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter nun bis zum 24. März 2025 anmelden.

Für Phishing-Angriffe auf ihre Opfer nutzen Betrüger verschiedene technische Kommunikationsmöglichkeiten wie E-Mail, SMS oder Messenger-Dienste. Das Ziel ist aber immer dasselbe: Die Betrüger wollen Zugriff auf sensible Bankdaten erhalten, um das Konto zu plündern. Das musste auch ein Kunde der Volksbank erleben. Kriminelle buchten rund 17.000 Euro von seinem Konto ab. Die Volksbank muss ihm den Schaden nach einem Urteil des Landgerichts Hannover ersetzen (Az.: 4 O 62/24).

Banken und Sparkassen hätten keine Negativzinsen auf Spareinlagen und Tagesgeld erheben dürfen. Das hat der BGH mit Urteilen vom 4. Februar 2025 entschieden (Az.: XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23). Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass Negativzinsen im Widerspruch zum Vertragszweck ständen.

Die Finanzaufsicht BaFin hat am 31. Januar 2025 einen Warnhinweis zur Gepsenix 1 Energy GmbH veröffentlicht. Demnach hat die BaFin einen hinreichend begründeten Verdacht, dass die Gesellschaft Geldanlagen in Form von Inhaberschuldverschreibungen öffentlich anbietet, ohne den erforderlichen Verkaufsprospekt vorgelegt zu haben.

Die DEGAG Deutsche Grundbesitz Holding AG und die DEGAG Bestand und Neubau 1 GmbH sind insolvent. Für beide Gesellschaften ist Insolvenztrag gestellt worden. Darüber hinaus seien Insolvenzanträge für die DEGAG Kapital GmbH und die DEGAG WI8 GmbH in Vorbereitung, teilte der DEGAG-Vorstand am 28. Januar 2025 mit. Anleger müssen nun mit erheblichen finanziellen Verlusten rechnen.

Die DEGAG (Deutsche Grundbesitz Holding AG) und ihre Tochtergesellschaft Degag Bestand und Neubau 1 GmbH haben am 28. Januar 2025 Insolvenz angemeldet, wie das Handelsblatt berichtet. Demnach seien auch zwei weitere Insolvenzverträge für verbundene Gesellschaften in Vorbereitung. Gut möglich, dass es sich bei den Gesellschaften um die Degag Kapital GmbH und die Degag Wi8 GmbH handelt. Für die Anleger ist damit klar, dass sie mit erheblichen finanziellen Verlusten rechnen müssen.