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Klage im Abgasskandal - Rechtsschutzversicherung muss leisten - BGH IV ZR 86/24

Bei Klagen im Abgasskandal kommt es immer wieder vor, dass die Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage verweigert. Der Bundesgerichtshof hat die Rechte der Versicherungsnehmer mit Urteil vom 15. Oktober 2025 erheblich gestärkt (Az. IV ZR 86/24). Der BGH hat deutlich gemacht, dass der Deckungsschutz in der Regel mit dem Erwerb des Fahrzeugs besteht und nicht erst, wenn es auf den Käufer zugelassen ist.

Die Entscheidung des BGH ist in der Praxis von großer Bedeutung. Denn immer wieder kommt es vor, dass verschiedene Rechtsschutzversicherer die Deckungszusage bei Klagen wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen mit der Begründung verweigern, dass der Versicherungsschutz erst eintritt, wenn das Fahrzeug auf den Versicherungsnehmer zugelassen ist und nicht schon beim Kauf. „Derartige Klauseln gehen völlig an der Realität vorbei. Denn zum Zeitpunkt des Erwerbs ist das Fahrzeug regelmäßig noch nicht auf den Käufer zugelassen. Der BGH hat den Rechtsschutzversicherern nun aber einen Strich durch die Rechnung gemacht und deutlich gemacht, dass solche unklaren Klauseln nicht zu Lasten der Versicherungsnehmer gehen dürfen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. 

Sachverhalt: Rechtsschutzversicherung verweigert Deckungszusage

In dem Fall vor dem BGH hatte die Klägerin im November 2017 einen gebrauchten Diesel-Pkw gekauft, der schon zum Zeitpunkt des Erwerbs über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters bei der Abgasrückführung verfügte. Als die Frau von der unzulässigen Abschalteinrichtung erfuhr, wollte sie Schadenersatzansprüche geltend machen und erbat von ihrer Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage. Diese lehnte ab und verwies u.a. auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen, nach der Versicherungsschutz erst besteht, wenn das Auto auf den Versicherungsnehmer zugelassen ist.

BGH: Versicherungsschutz besteht

Gegen die Ablehnung klagte die Frau und hatte in erster Instanz Erfolg. Im Berufungsverfahren wies das Oberlandesgericht Schleswig die Klage auf Deckungsschutz jedoch zurück. Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts nun auf und machte deutlich, dass im vorliegenden Fall Versicherungsschutz besteht. Die vom Versicherer verwandten Klauseln seien unklar, so dass ein Versicherungsnehmer annehmen könne, dass Versicherungsschutz auch zum Zeitpunkt des Erwerbs besteht. Die Auslegung der Klauseln dürfe im Zweifelsfall nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.

Weiter stellte der BGH klar, dass der Rechtsschutzversicherer die Deckung auch nicht wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Klage ablehnen dürfe.

Schadenersatzklagen mit guten Erfolgsaussichten

„Der BGH hat bereits im Juni 2023 entschieden, dass Autohersteller im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit haften. Das hat die Erfolgsaussichten bei Klagen wegen eines unzulässigen Thermofensters deutlich erhöht, wie zahlreiche Gerichtsurteile zeigen. Das gilt umso mehr, nachdem der EuGH mit Urteil vom 1.8.2025 deutlich gemacht hat, dass sich die Autobauer bei der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen können“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Fazit

Der BGH hat die Position der Versicherungsnehmer im Dieselskandal nachdrücklich gestärkt. Rechtsschutzversicherer können die Deckungszusage nicht wegen mangelnder Erfolgsaussichten verweigern und sich auch nicht auf unklare Klauseln berufen, nachdem der Deckungsschutz erst ab Zulassung des Fahrzeugs auf den Versicherungsnehmer besteht. „In der Praxis haben wir schon mehrfach erlebt, dass Rechtsschutzversicherung die Deckung aufgrund undurchsichtiger Klauseln ablehnen. Damit dürfte es jetzt vorbei sein. Der Weg für eine Schadenersatzklage im Abgasskandal steht somit offen. Interessant ist das u.a. auch deshalb, weil bei vielen Fahrzeugen des VW-Konzerns nach Bekanntwerden des Abgasskandals mit dem Software-Update auch ein unzulässiges Thermofester aufgespielt wurde“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Abgas-Skandal, Automotive, Versicherungsrecht

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Aktuelles

VW muss dem Käufer eines VW Passat Schadenersatz im Abgasskandal zahlen. Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 17. September 2025 entschieden (Az. 29 U 120/21). In dem VW Passat komme eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz, so das Gericht. Der Kläger habe daher Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 5 Prozent des Kaufpreises.

Audi ruft Modelle des A6, A7 und Q5 wegen Brandgefahr unter dem Code 93AD zurück. Betroffen sind Fahrzeuge in der Plug-in-Variante, die von August 2019 bis August 2024 gebaut wurden. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilt, kann die Hochvolt-Batterie beim Ladevorgang überhitzen, so dass es zum Brand kommen kann.

Das OLG Oldenburg hat einem Käufer eines Audi Q5 mit Urteil vom 16. Oktober 2025 Schadenersatz im Abgasskandal zugesprochen (Az. 1 U 37/25). Der Kläger habe Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises – rund 5.000 Euro, so das Gericht.Der Kläger hatte den Audi Q5 2.0 TDI im Dezember 2015 gekauft. In dem Fahrzeug kommt ein vom Mutterkonzern VW gebauter Dieselmotor des Typs EA 288 zum Einsatz. Wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen machte der Kläger Schadenersatzansprüche geltend.

Mit Urteil vom 9. Juli 2025 hat der BGH (Az. IV ZR 161/23) die Rechte der Versicherungsnehmer beim Widerruf von Rentenversicherungen gestärkt. Der Bundesgerichtshof machte deutlich, dass ein Widerruf auch lange Zeit nach Vertragsabschluss noch wirksam erfolgen kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Versicherer den Kunden nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat. 

Mit Urteil vom 17. September 2025 hat das OLG München dem Käufer eines VW T6 wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung Schadenersatz zugesprochen (Az. 7 U 1008/25 e). Der Kläger habe Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises.

Wegen Brandgefahr muss Audi die Plug-in-Hybride (PHEV) des Q7, Q8 und A8 zurückrufen. Betroffen sind nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) Fahrzeuge aus dem Produktionszeitraum zwischen August 2019 und Juli 2024.Beim Laden der Plug-in-Hybride kann es zur Überhitzung der Zellmodule der Hochvoltbatterie und im schlimmsten Fall zum Brand kommen. Das soll durch ein Software-Update der HV-Batterie verhindert werden. Weltweit müssen daher laut KBA insgesamt rund 18.650 Audi Q7, Q8 und A8 in die Werkstatt gerufen werden; in Deutschland sind es knapp 3.000 Plug-in-Hybride.