Auch wenn bei einem Prämiensparvertrag die höchste Prämienstufe erreicht ist, kann das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung des Vertrags ausgeschlossen sein. Voraussetzung ist, dass vertraglich eine darüberhinausgehende Laufzeit vereinbart ist und die Parteien nicht übereinstimmend etwas anderes gewollt haben. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. November 2023 entschieden und hat damit die Rechte der Sparer gestärkt (Az.: XI ZR 88/23).
In Zeiten der Niedrigzinsphase sind vielen Sparkassen Prämiensparverträge mit langen Laufzeiten zu einem Klotz am Bein geworden. Vermehrt wurde dazu übergegangen, solche Sparverträge zu kündigen. „Der BGH hat schon im Mai 2019 entschieden, dass die Sparkassen Prämiensparverträge mit fest vereinbarter Laufzeit nicht vor dem Erreichen der höchsten Prämienstufe ordentlich kündigen können“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Nun ist der XI. Zivilsenat des BGH noch einen Schritt weiter gegangen und hat deutlich gemacht, dass die Kündigung auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe unzulässig sein kann, wenn die Parteien eine darüberhinausgehende Laufzeit vereinbart haben.
In einigen Sparverträgen sind extrem lange Laufzeiten von 1188 Monaten, sprich 99 Jahren, vereinbart worden. Dies sei aus technischen Gründen notwendig gewesen, argumentieren die Sparkassen. Damit kamen sie beim BGH nun aber nicht durch.
In dem zu Grunde liegenden Fall ging es um zwei Sparverträge, die 1994 bzw. 1996 mit der Sparkasse geschlossen worden waren. In den Verträgen war die Zahlung einer jährlichen Prämie vereinbart, die nach dem dritten Sparjahr bis zum Ende des 15. Sparjahres fortlaufend bis auf 50 Prozent der geleisteten Sparbeiträge anstieg. Die Laufzeit ging allerdings weit über das Erreichen der höchsten Prämienstufe hinaus und betrug laut Vertrag 1188 Monate (99 Jahre). Unter Hinweis auf die Niedrigzinsphase kündigte die Sparkasse beide Sparverträge.
Dagegen wehrte sich die Sparerin und hatte mit ihrer Klage am Landgericht Nürnberg-Fürth Erfolg. Da eine Laufzeit von 99 Jahren in den Sparverträgen vereinbart ist, habe die Sparkasse kein Recht zur Kündigung gehabt.
Der BGH stellte im Revisionsverfahren fest, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung der Sparverträge zunächst bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen war. Den durch die Prämienzahlungen gesetzten Sparanreiz dürfe die Sparkasse nicht enttäuschen, indem sie die Verträge vor Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigt.
Weiter führte der BGH aus, dass auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein kann, wenn die Parteien einer darüberhinausgehende Vertragslaufzeit vereinbart haben. Hier betrage die vertraglich vereinbarte Laufzeit eindeutig 99 Jahre. Zudem sei die entsprechende Klausel auch mit „Vertragsdauer“ überschrieben, so dass die Sparerin von dieser langen Laufzeit ausgehen konnte, so die Karlsruher Richter.
Eine Vertragsdauer von 99 Jahren laufe nicht auf eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit hinaus, die ein Sparer redlicherweise nicht erwarten könne, stellte der BGH klar. Dass die lange Laufzeit nur aus technischen Gründen wegen einer Umstrukturierung des IT-Systems erfolgt ist, sei für den durchschnittlichen Kunden nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergebe sich nur, wenn die Vertragsparteien der vereinbarten Laufzeit eine abweichende Bedeutung beigemessen haben, so der BGH. Das müsse nun das LG Nürnberg-Fürth klären.
„Durch die Kündigung ihrer langlaufenden Sparverträge verlieren die Sparer regelmäßig viel Geld. Das Urteil des BGH zeigt, dass die Kündigung in vielen Fällen nicht zulässig ist und die Kunden sich dagegen wehren können“, so Rechtsanwalt Seifert.
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