Im Wohnmobil-Abgasskandal ist nach wie vor der große Schadenersatz, sprich die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags, möglich. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Köln vom 11. April 2024 (Az.: 19 O 301/23). Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass in einem Carado-Wohnmobil auf Basis eines Fiat Ducato eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist und der Kläger dadurch gemäß § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde.
Der Kläger hatte das Wohnmobil Carado T488 im März 2017 gekauft. Das Wohnmobil basiert auf einem Fiat Ducato mit 2,3 Liter Dieselmotor und der Abgasnorm Euro 6. Abgasmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) und der Deutschen Umwelthilfe an verschiedenen Modellen des Fiat Ducato haben bereits gezeigt, dass die zulässigen Grenzwerte beim Emissionsausstoß häufig überschritten werden.
Einen Rückruf des KBA gibt es deshalb zwar nicht, der Kläger machte dennoch Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend. So sei eine Timer-Funktion verbaut, die dafür sorgt, dass die Abgasrückführung nach ca. 22 Minuten reduziert bzw. deaktiviert werde. „Damit ist sie gerade lange genug für den rund 20-minütigen Abgastest im Prüfverfahren aktiv“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Außerdem komme auch ein Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz.
Der LG Köln bestätigte, dass es sich bei der Timer-Funktion um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele und der Kläger Anspruch auf Schadenersatz habe. Er sei durch den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs könne er die Erstattung des Kaufpreises (50.000 Euro) abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer verlangen – unterm Strich rund 41.000 Euro.
Für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal ist es nicht mehr nötig, den Fahrzeugherstellern Vorsatz nachzuweisen. Vielmehr reicht es nach der Rechtsprechung des BGH schon aus, wenn Fahrlässigkeit vorliegt. Dann haben die geschädigten Käufer zwar keinen Anspruch auf die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags, dafür aber auf den Ersatz des sog. Differenzschadens. „Der Differenzschaden beträgt nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises und das Fahrzeug muss nicht zurückgegeben werden. Das kann gerade bei Wohnmobilen eine interessante Option sein“, so Rechtsanwalt Seifert.
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