Rückrufservice

LG Mannheim: Betriebsschließungsversicherung muss bei Corona eintreten - 11 O 66/20

Das LG Mannheim hat zum Aktenzeichen 11 O 66/20 per Eilantrag entschieden, dass einem klagenden Hotel-Unternehmen Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung zustehen.

Der Versicherer wird aufgefordert, Versicherungsleistungen auszuzahlen und damit für Schäden aufzukommen, die durch die Corona-Pandemie und die darauf abzielenden allgemeinen Verfügungen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes ausgelöst wurden. Experten gehen nicht davon aus, dass das endgültige Urteil im Tenor anders ausfallen wird als die Begründung für den Erlass der einstweiligen Verfügung.

Der Verfügungskläger führt Hotels in Berlin und Hamburg und auch wenn der Vortrag zur wirtschaftlichen Situation als „wenig substantiell“ kritisiert wurde, bleibt unterm Strich eine deutliche Bestätigung der Eintrittspflicht allein aus der grundsätzlichen Analyse der Versicherungsbedingungen heraus. Viele Versicherer versuchen derzeit, sich mit Hinweis auf die fehlende Nennung von Corona und COVID-19 in den Erreger-Listen der Versicherungsbedingungen aus der Affäre zu ziehen.

Dazu Rechtsanwalt Seifert: „Sollte es in der aktuellen Notsituation schwierig werden, bei den Anträgen oder dem Vortrag zur wirtschaftlichen Situation den allerhöchsten bilanzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, kann dies in der Regel nachgeholt werden. Erfreulich ist, dass das Landgericht Mannheim sich auf die wesentlichen Dinge bezieht und die derzeit gern vorgetragenen Ausschlussgründe fein und im Sinne der Opfer seziert, statt sich unnötig mit Bilanzen und Berechnungen auseinanderzusetzen!“

Im Verfahren zum Aktenzeichen 11 O 66/20 ging es denn auch weniger um die Zahlen des Hotels, sondern um die schriftlich formulierten Versicherungsbedingungen.

Wichtig: Eine Betriebsschließung durch Rechtsverordnung oder eine Allgemeinverfügung ist der Einzelverfügung gleichzustellen. Seifert: „Die Versicherer argumentieren derzeit, dass nur Einzelverfügungen gegen den versicherten Betrieb eine Deckungspflicht auslösen, nicht aber allgemeine Verfügungen, die alle Unternehmen treffen!“ Dabei ist es nach Auffassung des Gerichts für den Versicherungsschutz dann auch absolut unerheblich, ob der COVID-19-Erreger in den Versicherungsbedingungen namentlich genannt ist oder nicht. Die Erregerliste sei statisch zu führen und keine fixe Festlegung auf die aktuell bekannten Erreger. Dass eine Öffnung der AVB für alle zukünftigen Erreger ein nicht zu verantwortendes Risiko für Versicherer darstelle, sah das Gericht auch etwas anders als der verfügungsbeklagte Versicherungskonzern.

Die Einstandspflicht der Betriebsschließungsversicherung wurde in einem Eilverfahren bestätigt, aber es wird auch erwartet, dass eine Entscheidung im noch anstehenden Hauptverfahren zu keinem anderen Ergebnis kommen wird.

Für anstehende Verfahren ist das Mannheimer Urteil ein erster Meilenstein. Es sollte weiteren Unternehmen Mut machen, ihre Versicherungen notfalls mit juristischen Mitteln in die Verantwortung zu nehmen. Die einstweilige Verfügung hat sich als Rechtsmittel im vorliegenden Fall absolut bewährt.

 

 

[view:ctaaktuelles=block_1]

Ansprechpartner

Sekretariat: Frau Polski
Tel: 0711 / 520 888 - 28
Fax: 0711 / 520 888 - 23
E-Mail: m.seifert@bruellmann.de

Kontaktieren Sie uns

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@bruellmann.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. *
CAPTCHA
Aktuelles

Während der Corona-Pandemie wurden zahlreiche Veranstaltungen abgesagt und Verträge gekündigt. Gebuchte Dienstleister können trotzdem einen Anspruch auf Vergütung haben, wie ein Urteil des Bundesgerichthofs vom 27. April 2023 zeigt (Az. VII ZR 144/22).

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Kündigung einer medizinischen Fachangestellten, die nicht gegen das Corona-Virus geimpft war, rechtmäßig war. Mit Urteil vom 30. März 2023 stellte das BAG klar, dass die Kündigung zum Schutz der Patienten und der übrigen Belegschaft gerechtfertigt war (Az. 2 AZR 309/22).

Aufatmen bei Empfängern von Corona-Soforthilfen in NRW, die aufgefordert wurden, die im Frühling 2020 gewährten Hilfen ganz oder teilweise zurückzuzahlen: Die Rückforderungen des Landes Nordrhein-Westfalen sind rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht NRW am 17. März 2023 entschieden (Az.: 4 A 1986/22 u.a.). Lediglich nicht benötigte Corona-Hilfen darf das Land demnach zurückfordern und neue Schlussbescheide erlassen.

Während der Corona-Pandemie gab es zwar u.a. für Pflegekräfte eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Die Freistellung ungeimpfter Mitarbeiter dürfte jedoch in vielen Fällen zu Unrecht erfolgt sein. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 3. Februar 2023 (Az.: 7 Sa 67/22). Demnach ist Voraussetzung für eine Freistellung, dass das Gesundheitsamt zuvor ein Tätigkeitsverbot verhängt hat.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen das Corona-Virus wurde kontrovers diskutiert. Die Impfpflicht für Mitarbeiter in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen ist zwar Ende 2022 ausgelaufen, ihre Folgen sind aber noch spürbar. So entschied das Arbeitsgericht Dresden mit Urteil vom 11. Januar 2023, dass eine ungeimpfte Köchin in einem Seniorenheim Anspruch auf Lohnnachzahlung hat, nachdem sie unbezahlt freigestellt worden war (Az.: 4 Ca 688/22).

Während der Corona-Pandemie haben viele Gewerbetreibende, Selbstständige und Freiberufler die Möglichkeit genutzt, Steuerzahlungen zinslos stunden zu lassen. Das Finanzgericht Münster hat nun mit Urteil vom 26. Oktober 2022 entschieden, dass auch Nachzahlungszinsen zu erlassen sind, wenn sie auf Steuernachzahlungen entfallen, für die ein Anspruch auf zinslose Stundung bestand (Az.: 13 K 1920/21).