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LG Stuttgart: Schadenersatz wegen Thermofenster bei Mercedes

Das Landgericht Stuttgart hat die Daimler AG im Abgasskandal ein weiteres Mal zu Schadenersatz verurteilt. Das Bemerkenswerte an dem Urteil vom 25. März 2021 ist, dass das Gericht das Thermofenster bei der Abgasrückführung bei einem Mercedes C 220 nicht nur als unzulässige Abschalteinrichtung wertet, sondern auch feststellte, dass Daimler sittenwidrig gehandelt habe und der Kläger daher Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB habe (Az. 7 O 224/20).

Der BGH hatte mit Beschluss vom 19. Januar 2021 entschieden, dass die Verwendung eines Thermofensters alleine noch keine Sittenwidrigkeit begründe. Das könne sich jedoch ändern, wenn weitere Umstände hinzukommen, die auf ein sittenwidriges Verhalten schließen lassen, beispielsweise wenn gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt im Typengenehmigungsverfahren nicht alle Karten zur Funktionsweise des Thermofensters auf den Tisch gelegt wurden (Az. VI ZR 433/19).

Genau dies sei geschehen, entschied das LG Stuttgart. Daimler habe das KBA und die Verbraucher getäuscht und die Typengenehmigung erschlichen. Damit liege Sittenwidrigkeit vor.

Kraftfahrt-Bundesamt getäuscht

Der Kläger hatte im November 2017 einen gebrauchte Mercedes C 220 mit dem Dieselmotor OM 651 und der Abgasnorm Euro 6 gekauft. Für das Modell liegt kein verpflichtender Rückruf des KBA vor, Daimler hat im Rahmen einer freiwilligen Kundendienstmaßnahme bei Software-Update angeboten.

Das Update ließ der Kläger nicht aufspielen. Er machte Schadenersatzansprüche geltend. Bei der Abgasrückführung komme ein Thermofenster zum Einsatz. Dadurch werde die Abgasrückführungsrate (AGR) bei Außentemperaturen außerhalb dieses Fensters reduziert, was zu einem Anstieg der Stickoxid-Emissionen führe. Bei dem Thermofenster handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung, deren Funktionsweise gegenüber dem KBA nicht offengelegt wurde. Die Behörde sei getäuscht worden.

Daimler kann Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht widerlegen

Das LG Stuttgart folgte den Ausführungen des Klägers. Das Fahrzeug verfüge über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters. Die Abgasrückführung werde bei sinkenden Temperaturen unstreitig reduziert, so das Gericht. In welchem Ausmaß dies geschieht, sei unerheblich.

Daimler habe den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht widerlegen können. Trotz Hinweises des Gerichts habe Daimler nicht dargelegt, welche konkreten Auswirkungen die Reduzierung der Abgasrückführungsrate auf die Schadstoffemissionen habe.

Abgas-Skandal

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Im Typengenehmigungsverfahren habe Daimler zwar Angaben dazu gemacht, dass die Abgasrückführung u.a. durch den Parameter Lufttemperatur gesteuert wird, weitere Einzelheiten, z.B. dass die AGR-Rate u.a. bei Außentemperaturen unter 7 Grad reduziert wird, seien aber nicht erläutert worden. Insbesondere sei gegenüber dem KBA nicht dargelegt worden, welche Auswirkungen diese Reduzierung auf das Emissionsverhalten des Fahrzeugs hat. Das KBA habe die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung daher nicht umfassend prüfen können, so das LG Stuttgart.

Sittenwidrigkeit liegt vor

Das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung begründe zwar noch nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich jedoch aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter des Handelns. Daimler habe die Typengenehmigung nur erschlichen und das KBA durch unvollständige bzw. falsche Angaben getäuscht. Damit sei auch das Vertrauen der Käufer in eine öffentliche Institution wie dem KBA ausgenutzt und die Kunden ebenfalls getäuscht worden. Die Schädigung der Käufer und der Umwelt sei dabei in Kauf genommen worden, führte das Gericht aus.

Dem Kläger sei daher schon mit Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden, da er das Fahrzeug bei Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht gekauft hätte. Er habe Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs könne er die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer verlangen, urteilte das LG Stuttgart.

Weg für Schadenersatz geebnet

„Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein für die Rechte der Verbraucher im Abgasskandal. Das LG Stuttgart hat nicht nur festgestellt, dass das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, sondern auch, dass Daimler sittenwidrig gehandelt hat. Damit hat es den Weg für Schadenersatzansprüche geebnet“, sagt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Dabei geht es im Mercedes-Abgasskandal nicht nur um das Thermofenster. Daimler hat auch andere Abschalteinrichtungen wie z.B. die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung verwendet. Auch hier können Schadenersatzansprüche durchgesetzt werden, wie beispielsweise die Urteile der Oberlandesgerichte Köln und Naumburg zeigen.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

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Das Landgericht Köln hat dem Käufer eines VW Golf VII mit Urteil vom 13. März 2025 Schadenersatz im Abgasskandal zugesprochen (Az.: 6 S 166/22). In dem Golf 1,6 TDI kämen unzulässige Abschalteinrichtungen zum Einsatz. Der Käufer habe daher Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises.

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Im Abgasskandal haben sich die Chancen auf Schadenersatz beim VW T6 durch die Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 erheblich erhöht. Rechtsanwalt Gisevius hat für Käufer eines VW T6 bereits Schadenersatzansprüche an verschiedenen Landgerichten und Oberlandesgerichten erstritten.

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