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OLG Hamm spricht Schadenersatz im Mercedes Abgasskandal zu

Das OLG Hamm hat Mercedes im Abgasskandal mit Urteil vom 1. September 2023 ein weiteres Mal zu Schadenersatz verurteilt (Az.: 30 U 78/21). Das Oberlandesgericht stellte klar, dass die sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Mercedes habe zumindest fahrlässig gehandelt und sei daher gemäß der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 zu Schadenersatz verpflichtet.

Der Kläger hatte im Jahr 2014 einen Mercedes GLK 220 CDI 4Matic als Neuwagen gekauft. Das Fahrzeug ist mit dem Dieselmotor des Typs OM 651 ausgestattet und nach der Abgasnorm Euro 5 zugelassen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat für das Modell einen verpflichtenden Rückruf wegen der Verwendung einer unzulässigen Aschalteinrichtung in Gestalt der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) angeordnet. Die Funktion sorgt dafür, dass der Stickoxid-Ausstoß während der Warmlaufphase des Motors reduziert wird. Anschließend ist sie unter normalen Betriebsbedingungen jedoch überwiegend deaktiviert, so dass der Stickoxid-Ausstoß steigt.

Der Kläger ließ das folgende Software-Update zwar aufspielen, machte aber auch Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen, u.a. der KSR, geltend.

Das OLG Hamm entschied, dass der Kläger Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens habe. Mercedes könne zwar keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden. Dementsprechend habe der Kläger keinen Anspruch auf die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags. Mercedes habe sich aber zumindest fahrlässig verhalten. Da gemäß der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers Schadenersatzansprüche im Abgasskandal bestehen, habe der Kläger Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, so das OLG Hamm.

Gemäß europäischer Vorgaben muss der Autohersteller ein Fahrzeug so ausrüsten, dass die Grenzwerte für den Emissionsausstoß unter normalen Betriebsbedingungen eingehalten werden. Abschalteinrichtungen, die unter normalen Fahrbedingungen die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringern, sind unzulässig.

Die KSR werde „mittels eines sog. Timers in Abhängigkeit vom Parameter Zeit deaktiviert, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter normalen Bedingungen des Fahrbetriebes verringert wird. Sie wird mithin nach Ablauf der applizierten Betriebsdauer im laufenden Betrieb endgültig abgeschaltet, wodurch sich die NOx-Emissionen wieder erhöhen“, führte das OLG Hamm aus. Im Ergebnis handele es sich daher bei der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung um eine unzulässige Abschalteinrichtung, stellte das OLG Hamm fest.

Mercedes könne sich auch nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen, denn das KBA habe die Funktion beanstandet. Mercedes habe daher zumindest fahrlässig eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt. Der Kläger habe somit Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, den das OLG Hamm mit 7 Prozent des Bruttokaufpreises bezifferte, knapp 3.300 Euro. Das Fahrzeug kann der Kläger behalten.

„Mercedes hat die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung in einer ganzen Reihe von Modellen verbaut. Neben dem OLG Hamm hat auch das OLG Stuttgart entschieden, dass es sich bei der Funktion um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und die Kläger Anspruch auf Schadenersatz haben“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

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Aktuelles

Die VW-Tochter Seat muss wegen der Verwendung eines unzulässigen Thermofensters bei der Abgasreinigung rund 5.300 Fahrzeuge in Deutschland in die Werkstatt rufen. Konkret betroffen von dem Rückruf, der unter dem Aktionscode 23X0 durchgeführt wird, ist der Seat Ibiza der Baujahre 2011 bis 2015.

Audi muss allein in Deutschland erneut über 50.000 Fahrzeuge wegen der Verwendung eines Thermofensters bei der Abgasreinigung zurückrufen. Der Rückruf wird unter dem Aktionscode 23DW durchgeführt und betrifft nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vom 25. November 2024 Fahrzeuge des Typs Audi A4, A5, A6, A7, A8, Q5 und Q7 der Baujahre 2010 bis 2017.

Audi muss im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen einen weiteren Rückruf unter dem Aktionscode 23BK starten. Diesmal sind nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vom 20. November 2024 Modelle des Audi A4, A6, A8 und Q7 der Baujahre 2005 bis 2010 betroffen.

Halter eines VW Caddy erhalten derzeit Post und werden aufgefordert, ihr Fahrzeug in die Werkstatt zu bringen. Anlass für den Rückruf unter dem Aktionscode 23EN ist nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) eine unzulässige Abschalteinrichtung im Emissionskontrollsystem der betroffenen Fahrzeuge.

Unter dem Aktionscode ARB9 bzw. ARC1 und ARC2 werden erneut Modelle des Porsche Cayenne in die Werkstatt gerufen. Grund für den Rückruf ist nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts vom 20. November 2024 die Entfernung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems.

Auch bei VW-Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 288 können im Abgasskandal Ansprüche auf Schadenersatz bestehen. Das hat der BGH mit Urteil vom 25. September 2024 bestätigt (Az.: VIa ZR 871/22).