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OLG Hamm spricht Schadenersatz im Mercedes Abgasskandal zu

31.10.2023

Das OLG Hamm hat Mercedes im Abgasskandal mit Urteil vom 1. September 2023 ein weiteres Mal zu Schadenersatz verurteilt (Az.: 30 U 78/21). Das Oberlandesgericht stellte klar, dass die sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Mercedes habe zumindest fahrlässig gehandelt und sei daher gemäß der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 zu Schadenersatz verpflichtet.

Der Kläger hatte im Jahr 2014 einen Mercedes GLK 220 CDI 4Matic als Neuwagen gekauft. Das Fahrzeug ist mit dem Dieselmotor des Typs OM 651 ausgestattet und nach der Abgasnorm Euro 5 zugelassen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat für das Modell einen verpflichtenden Rückruf wegen der Verwendung einer unzulässigen Aschalteinrichtung in Gestalt der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) angeordnet. Die Funktion sorgt dafür, dass der Stickoxid-Ausstoß während der Warmlaufphase des Motors reduziert wird. Anschließend ist sie unter normalen Betriebsbedingungen jedoch überwiegend deaktiviert, so dass der Stickoxid-Ausstoß steigt.

Der Kläger ließ das folgende Software-Update zwar aufspielen, machte aber auch Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen, u.a. der KSR, geltend.

Das OLG Hamm entschied, dass der Kläger Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens habe. Mercedes könne zwar keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden. Dementsprechend habe der Kläger keinen Anspruch auf die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags. Mercedes habe sich aber zumindest fahrlässig verhalten. Da gemäß der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers Schadenersatzansprüche im Abgasskandal bestehen, habe der Kläger Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, so das OLG Hamm.

Gemäß europäischer Vorgaben muss der Autohersteller ein Fahrzeug so ausrüsten, dass die Grenzwerte für den Emissionsausstoß unter normalen Betriebsbedingungen eingehalten werden. Abschalteinrichtungen, die unter normalen Fahrbedingungen die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringern, sind unzulässig.

Die KSR werde „mittels eines sog. Timers in Abhängigkeit vom Parameter Zeit deaktiviert, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter normalen Bedingungen des Fahrbetriebes verringert wird. Sie wird mithin nach Ablauf der applizierten Betriebsdauer im laufenden Betrieb endgültig abgeschaltet, wodurch sich die NOx-Emissionen wieder erhöhen“, führte das OLG Hamm aus. Im Ergebnis handele es sich daher bei der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung um eine unzulässige Abschalteinrichtung, stellte das OLG Hamm fest.

Mercedes könne sich auch nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen, denn das KBA habe die Funktion beanstandet. Mercedes habe daher zumindest fahrlässig eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt. Der Kläger habe somit Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, den das OLG Hamm mit 7 Prozent des Bruttokaufpreises bezifferte, knapp 3.300 Euro. Das Fahrzeug kann der Kläger behalten.

Abgas-Skandal, Mercedes Urteile

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„Mercedes hat die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung in einer ganzen Reihe von Modellen verbaut. Neben dem OLG Hamm hat auch das OLG Stuttgart entschieden, dass es sich bei der Funktion um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und die Kläger Anspruch auf Schadenersatz haben“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

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28.11.2023

Im Abgasskandal haben grundsätzlich auch die Besitzer von Wohnmobilen Anspruch auf Schadenersatz, wenn in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27. November 2023 deutlich gemacht (Az.: VIa ZR 1425/22). In dem Verfahren ging es um ein Wohnmobil Sunlight A 68, das auf einem Fiat Ducato basiert.
27.11.2023

Im Abgasskandal hat sich VW in einem Verfahren zu Schadenersatzansprüchen bei einem VW T5 auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. Das ließ das OLG Hamburg mit Beschluss vom 23.11.2023 nicht durchgehen. An einen unvermedbaren Verbotsirrtum habe der Gesetzgeber hohe Anforderungen gestellt. Die habe VW nicht ausreichend erfüllt, so das OLG (Az.: 5 u 129/22).
21.11.2023

Im VW Abgasskandal landet das Thermofenster bei der Abgasreinigung erneut vor dem Europäischen Gerichtshof. Konkret geht es in fünf Verfahren um das Thermofenster beim VW T6, beim VW Golf und beim VW Sharan (Az.: 2 O 331/19, 2 O 190/20, 2 O 425/20, 2 O 16/21, 2 O 57/21). Auf Vorlage des Landgerichts Ravensburg soll der EuGH im Wesentlichen klären, ob VW aufgrund des Thermofensters Schadenersatz leisten muss oder sich auf den sog. unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen kann.
20.11.2023

Im Audi-Abgasskandal können nach wie vor Schadenersatzansprüche durchgesetzt werden. Das OLG Stuttgart hat mit aktuellem Urteil bestätigt, dass der Käufer eines Audi A5 mit dem durch den Dieselskandal bekannt gewordenen Motor des Typs EA 189 Anspruch auf den sog. Restschadenersatz hat (Az.: 10 U 158/22).
16.11.2023

Das Landgericht Gießen hat im Abgasskandal dem Käufer eines VW Caddy Schadenersatz zugesprochen (Az.: 9 O 242/23) . Das Besondere: In dem VW Caddy ist der Dieselmotor des Typs EA 288 und damit das Nachfolgemodell des durch den Dieselskandal bekannt gewordenen Motors EA 189 verbaut.
10.11.2023

Das OLG Köln hat Mercedes im Abgasskandal wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung mit Urteil vom 26. Oktober 2023 zu Schadenersatz verurteilt (Az.: 24 U 205/21). Gegen Rückgabe des Fahrzeugs kann der Kläger die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer verlangen.