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OLG Hamm zur Verjährung von Pflichtteilsansprüchen

Hat ein Erblasser seine gesetzlichen Erben wie z.B. Kinder in seinem Testament nicht berücksichtigt, steht ihnen dennoch ein Anspruch auf einen Pflichtteil zu. Die Höhe des Pflichtteils entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteil muss gegenüber den Erben innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden, ansonsten verjährt der Anspruch. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von seinem Anspruch erlangt hat, wie ein Urteil des OLG Hamm deutlich macht (Az.: 10 U 108/21).

„Das Oberlandesgericht Hamm ging noch einen Schritt weiter Es führte aus, dass diese Kenntnis fehlen kann, wenn der Pflichtteilsberechtige aufgrund eines Irrtums von der Unwirksamkeit des Testaments ausgeht und diese Bedenken nicht von vorherein von der Hand zu weisen sind, weil z.B. eine Testierunfähigkeit des Erblassers vorliegen könnte“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

In dem Fall vor dem OLG Hamm hatte der Erblasser seinen einzigen Sohn aus geschiedener erster Ehe testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt. Einige Jahre später errichtete er 2009 ein neues notarielles Testament, mit dem er vorherige Testamente ausdrücklich widerrief und seine zweite Ehefrau als Alleinerbin einsetzte.

Nach dem Tod des Erblassers ging der Sohn zunächst von seiner Einsetzung als Alleinerbe aus. Erst auf Nachfrage bei der Testamentsvollstreckerin erfuhr er von dem neuen Testament. Er beantrage dennoch einen Erbschein und begründet dies damit, dass sein Vater aufgrund einer fortschreitenden Demenzerkrankung seit 2006 nicht mehr testierfähig gewesen sei. Die Ehefrau beantrage ihrerseits einen Erbschein als Alleinerbin.

Das OLG Hamm entschied schließlich im Juli 2019 nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass der Erblasser testierfähig war. Der Sohn zog daraufhin seinen Antrag zurück und machte seinen Pflichtteilsanspruch, rund vier Jahre nach dem Tod seines Vaters, geltend. Das zuständige Landgericht wies die Klage in erster Instanz mit der Begründung ab, dass der Pflichtteilsanspruch verjährt sei.

Das OLG Hamm kippte das Urteil im Berufungsverfahren. Der Pflichtteilsanspruch sei noch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist betrage zwar drei Jahre und der Sohn habe bereits 2015 Kenntnis davon erhalten, dass sein Vater ihn mit notariellen Testament von 2009 enterbt hat. Dennoch sei die dreijährige Verjährungsfrist nicht Ende 2018 abgelaufen. Denn der Ablauf der Frist konnte durch die Klageeinreichung Ende 2019 gehemmt werden, so das OLG. Zur Begründung führte es aus, dass der Sohn erst mit der Übersendung des Sachverständigengutachtens im August 2019 Kenntnis von der Wirksamkeit des Testaments erlangt habe. Zuvor habe der Sohn Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments aufgrund der Demenz des Vaters gehabt, die nicht von vornherein von der Hand zu weisen waren, machte das OLG Hamm deutlich.

„Gesetzliche Erben, die im Testament leer ausgehen, können ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen. Dabei sollten sie Verjährungsfristen im Auge behalten werden“, so Rechtsanwalt Looser.

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Aktuelles

Wer ein Erbe antritt, erbt alles – das Vermögen und die Schulden des Erblassers. Daher kann es sinnvoller sein, eine Erbschaft auszuschlagen. Hat sich der Erbe über die Werthaltigkeit des Nachlasses geirrt und fälschlicherweise eine Überschuldung angenommen, kann die Anfechtung der Erbausschlagung möglich sein. Das hat das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 24. Juli 2024 entschieden (Az.: 21 W 146/23).

Demenz macht ein Testament nicht automatisch unwirksam. Das hat das Landgericht Frankenthal mit Urteil vom 18. Juli 2024 deutlich gemacht (Az.: 8 O 97/24). Entscheidend für die Wirksamkeit des Testaments sei, ob die testierende Person trotz ihrer Demenzerkrankung noch die Tragweite ihrer letztwilligen Verfügungen klar erfassen kann und frei von den Einflüssen Dritter handelt, so das Gericht.

Streit zwischen einer bevollmächtigten Person und den Erben des Vollmachtgebers ist keine Seltenheit. Dabei verlangend die Erben häufig Auskunft und Rechenschaft über die Transaktionen, die der Bevollmächtigte im Namen des Vollmachtgebers getätigt hat. Das OLG Naumburg hat nun mit Urteil vom 7. März 2024 deutlich gemacht, dass die Informationspflicht des Bevollmächtigten ihre Grenzen hat (Az.: 2 U 27/23).

Kinderlose Ehepaare gehen häufig davon aus, dass im Todesfall der überlebende Ehepartner automatisch alles erbt. Das ist allerdings ein Irrtum. Denn ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge, d.h. Eltern und Geschwister des Erblassers erben ebenfalls. Gegebenenfalls können auch noch entfernte Verwandte Erbansprüche geltend machen.

Mit einer Vorsorgevollmacht kann der Vollmachtgeber für den Ernstfall vorsorgen und festlegen, welcher Mensch für ihn die Entscheidungen treffen soll, wenn er selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Über den Umfang der Vorsorgevollmacht kann der Vollmachtgeber selbst bestimmen. Ebenso kann er festlegen, dass die Vollmacht auch über seinen Tod hinaus gelten soll (transmortale Vollmacht).

Im Grunde genommen ist die Sache recht eindeutig. Wird eine Ehe geschieden, wird auch die Erbeinsetzung des Ehepartners im Testament unwirksam. Es kommt aber auf die Feinheiten an. Wurde das Testament errichtet oder ein Erbvertrag geschlossen, bevor das Paar geheiratet hat, kann die letztwillige Verfügung zu Gunsten des Partners auch nach der Scheidung noch gültig sein und der ehemalige Partner zum Erben werden. Das zeigt ein Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2024 (Az.: IV ZB 26/23).