Ein Verzicht auf das Erbe kann wieder aufgehoben werden, wenn Erbe und Erblasser dies vertraglich vereinbaren. Nur durch die Einsetzung als Erbe in ein Testament, kann der Erbverzicht allerdings nicht rückgängig gemacht werden. Das geht aus einem Urteil des OLG Köln hervor. Dabei wurde deutlich, dass ein Erbverzicht auch massiven Einfluss auf den Pflichtteilsanspruch einer testamentarisch nicht bedachten gesetzlichen Erbin haben kann (Az.: 24 U 48/20).
Vor dem OLG Köln ging es um den Erbstreit zwischen zwei Schwestern. Die eine Schwester hatte bereits 1985 wirksam auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet. Trotz der Erbverzichts hatte die Mutter sie 25 Jahre später in einem notariellen Testament als Alleinerbin eingesetzt. Die andere Tochter hatte nach dem Testament nur Anspruch auf ihren gesetzlichen Pflichtteil.
Als die Mutter verstarb, hinterließ sie ihren Töchtern rund eine Millionen Euro. Andere Erben gab es nicht. Strittig war nun, wie hoch der Pflichtteil, der testamentarisch nicht bedachten Tochter ausfällt. Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Da die ältere Schwester den Erbverzicht erklärt hatte, ging die jüngere pflichtteilsberechtige Schwester von einem Pflichtteil in Höhe von 50 Prozent aus und machte diesen gegen ihre Schwester geltend. Diese berief sich darauf, dass sie testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzt wurde und wollte ihrer Schwester nur einen Pflichtteil in Höhe von 25 Prozent zugestehen.
Der Fall landete schon schließlich vor dem OLG Köln. Das Oberlandesgericht bestätigte dabei die erstinstanzliche Entscheidung, nach der der jüngeren Tochter eine Pflichtteilsquote von 50 Prozent, also rund 500.000 Euro, zusteht.
Zur Begründung führte das OLG aus, dass die jüngere Tochter durch den Pflichtteilsverzicht ihrer Schwester hypothetisch zur Alleinerbin geworden sei. Dementsprechend betrage ihr Pflichtteil die Hälfte der gesetzlichen Erbquote, also 50 Prozent.
Dass die Erblasserin in ihrem notariellen Testament ihre andere Tochter zur Alleinerbin eingesetzt hat, ändere nichts an dem Pflichtteilsanspruch. Denn durch das Testament sei der Erbverzicht nicht wirksam aufgehoben worden. Dazu hätte es eines notariell beglaubigten Vertrags zwischen der Erblasserin und ihrer Tochter bedurft, so das OLG Köln. Zudem habe das Testament auch keine explizite Aufhebung des Erbverzichts enthalten.
„Bevor ein Erbverzicht ausgesprochen wird, sollten die weitreichenden Konsequenzen hinreichend bedacht werden. Sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen, wie der Fall vor dem OLG Köln zeigt“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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