Der Bundesgerichtshof hat ein weiteres Mal entschieden, dass eine Rentenversicherung auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen werden kann. Mit Urteil vom 10. Juli 2024 hat der BGH deutlich gemacht, dass eine lange Zeitspanne zwischen Vertragsabschluss und erfolgtem Widerspruch, im konkreten Fall 14 Jahre, einem erfolgreichen Widerspruch nicht entgegensteht (Az.: IV ZR 196/22).
Die Klägerin in dem zu Grunde liegenden Fall hatte im Juni 2006 eine fondsgebundene Rentenversicherung, eine sog. Rürup-Rente abgeschlossen. Rund 14 Jahre später erklärte sie im Mai 2020 den Widerspruch des Vertrags und verlangte die Rückzahlung der bislang geleisteten Beiträge sowie die Herausgabe der Nutzungen, die der Versicherer gezogen hat. Den Widerspruch begründete sie damit, dass sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt worden sei und nicht alle notwendigen Verbraucherinformationen erhalten habe.
Das OLG München hatte die Klage der Frau noch abgewiesen, doch der BGH hob diese Entscheidung im Revisionsverfahren auf.
Das OLG München hatte seine Entscheidung vorwiegend damit begründet, dass die Klägerin mit ihrem Widerspruch rechtsmissbräuchlich gehandelt habe. Sie sei in den Verbraucherinformationen deutlich darauf hingewiesen worden, dass sie sich innerhalb von 30 Tagen von dem Vertrag lösen könne. Sie habe den Vertrag aber fast 14 Jahre lang durchgeführt und erst dann den Widerspruch erklärt.
Der BGH sah dies jedoch anders. Es lägen keine besonders gravierenden Umstände vor, die das Verhalten der Klägerin als treuwidrig erscheinen ließen. Wenn die Widerspruchsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt wurde, wurde die Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt, so dass der Versicherungsnehmer auch noch Jahre nach Vertragsschluss sein Widerspruchsrecht ausüben könne. Nur wenn besonders gravierende Umstände vorliegen, könne die Ausübung des Widerspruchsrechts ausnahmsweise Treu und Glauben widersprechen. Solche gravierenden Umstände seien hier aber nicht festgestellt worden, machte der BGH deutlich.
Dass die Klägerin den Rentenversicherungsvertrag aktiv mitgestaltet und z.B. Beitragserhöhungen widersprochen oder Vertragsanpassungen zugestimmt hat, gehöre zu einer gewöhnlichen Vertragsführung und seien keine gravierenden Umstände, die der Ausübung des Widerspruchsrecht entgegenstehen, so der BGH. Das gelte auch für den Umstand, dass es sich um eine steuerlich geförderte Rürup-Rente handelt. Der Versicherer könne aus diesem Umstand nicht schließen, dass der Versicherungsnehmer von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch macht. Es lägen insgesamt keine besonders gravierenden Umstände vor, die dem Widerspruch im Wege stehen, entschied der BGH und verwies den Fall an das OLG München zurück. Dieses muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH den Widerspruch erneut prüfen.
„Die Klägerin dürfte somit gute Aussichten auf die Rückzahlung ihrer Beiträge haben. An dem BGH-Urteil wird deutlich, dass der Widerspruch nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich ist, weil er erst Jahre nach Vertragsschluss erfolgt“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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