Die Herabsetzung des Rentenfaktors in Rentenversicherungen ist rechtlich umstritten. Die Allianz-Rentenversicherung hat nun am Amtsgericht Reinbek eine Niederlage kassiert. Das Gericht entschied mit Urteil vom 10. Juli 2024, dass das Versicherungsunternehmen den Rentenfaktor bei einer fondsgebundenen Riester-Rente nicht hätte absenken dürfen (Az.: 14 C 473/23).
Der Rentenfaktor ist wesentlich für die Höhe der Rente, die der Versicherungsnehmer aus seinem Vertrag erhält. In dem zu Grunde zu liegenden Fall hatte der Kläger eine fondsgebundene Riester-Rente bei der Allianz abgeschlossen. Während der Vertragslaufzeit hatte der Versicherer den Rentenfaktor zweimal abgesenkt. Bei Vertragsschluss betrug der Rentenfaktor noch 35,76 Euro je 10.000 Euro Vertragsguthaben. Im Jahr 2017 senkte der Versicherer den Rentenfaktor auf 30,44 und 2021 auf 27,93 Euro. Begründet wurde die Herabsetzung des Rentenfaktors mit der Absenkung des Höchstrechnungszinses durch die Bundesregierung. Sofern sich die maßgeblichen Rechnungsgrundlagen wieder erhöhen, sollte auch der Rentenfaktor wieder zulegen.
Damit ließ sich der Versicherungsnehmer nicht abspeisen und klagte gegen die Absenkungen. Das Amtsgericht Reinbek gab ihm Recht. Vertragsbedingungen, die unter gewissen Umständen zu einer Absenkung des Rentenfaktors führen können, seien unwirksam, da sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen, machte das Gericht deutlich. Denn durch die entsprechende Klausel werde nur eine Herabsetzung des Rentenfaktors geregelt, nicht aber seine Erhöhung. Derartige Klauseln müssten in beide Richtungen wirken, damit das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung gewahrt bleibe, so das AG Reinbek.
Damit schloss sich das AG Reinbek mit seiner Rechtsprechung dem Landgericht Köln an. Dieses hatte in einem vergleichbaren Fall ebenfalls entschieden, dass eine nachträgliche Herabsetzung des Rentenfaktors unwirksam ist. Allerdings ist die Rechtsprechung nicht einheitlich. So hat das Landgericht Stuttgart zu Gunsten des Versicherers entschieden. Weder das Urteil des AG Reinbek noch die Entscheidung des LG Stuttgart sind bislang rechtskräftig. Die Berufung gegen das Urteil des LG Stuttgart wird voraussichtlich im Januar 2025 am OLG Stuttgart verhandelt.
„Durch die Herabsetzung des Rentenfaktors verlieren die Versicherungsnehmer viel Geld. Auch wenn die Rechtsprechung bislang noch uneinheitlich ist, haben sie aber gute Chancen, sich gegen dieses Vorgehen zu wehren“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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