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Sittenwidrigkeit einer Schenkung - BGH X ZR 3/20

Bei Schenkungen können Zweifel angebracht sein, ob sie tatsächlich dem Willen des Schenkers entsprechen oder ob er eventuell zumindest vorübergehend geschäftsunfähig war und die Schenkungen unter dem Einfluss Dritter veranlasst hat. Bei Erben tauchen Zweifel besonders dann auf, wenn die Schenkung an Personen geht, die der Schenker noch nicht lange kennt.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26. April 2022 deutlich gemacht, dass auch eine eingeschränkte Fähigkeit zur Willensbildung ein Hinweis auf die Sittenwidrigkeit einer Schenkung sein kann (Az.: X ZR 3/20). Zudem könne sich die Sittenwidrigkeit nicht nur aus den Motiven des Schenkers ergeben, sondern auch und vor allem aus den Motiven des Schenkungsempfängers, so der BGH.

In dem Fall vor dem BGH ging es um einem 90-jährigen Mann, der mehrere Immobilien besaß und diese vermietete. Drei Jahre zuvor hatte er eine deutlich jüngere Frau kennengelernt, die sich um die Verwaltung der Häuser kümmerte und auch die Partnerin des Mannes wurde. Als dieser 2018 mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus kam, erteilte er seiner Partnerin zunächst eine Vorsorgevollmacht, die er jedoch mit Hilfe seiner Tochter widerrief als er auf die Intensivstation verlegt wurde. Wieder einige Tage später beantragte er notariell die Annahme seiner Lebensgefährtin als Tochter und übertrug ihr dann notariell im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zwei seiner Immobilien. Die Eintragung ins Grundbuch folgte.

Das war jedoch noch nicht der Schlusspunkt. Aus dem Krankenhaus entlassen, widerrief der Mann alle Erklärungen, die er zu Gunsten seiner Partnerin abgegeben hatte. Dabei berief er sich darauf, dass er zum Zeitpunkt der Schenkung krankheitsbedingt geschäftsunfähig gewesen sei. Außerdem habe die Partnerin gedroht, ihn zu verlassen, wenn er ihr die Immobilien nicht übertrage. Er sei in sittenwidriger Weise dazu gedrängt worden, die Immobilien zu überschreiben.

Um seine Geschäftsunfähigkeit zu untermauern, legte der Mann ärztliche Befunde zum Krankheitsverlauf und ein Attest zu seinen kognitiven Einschränkungen vor. Die reichten allerdings weder dem Landgericht noch dem Oberlandesgericht Köln aus, um von einer Geschäftsunfähigkeit auszugehen. Sie lehnten daher die Rückübertragung der Grundstücke auf den Mann ab.

Der BGH sah dies jedoch anders. Der Mann habe konkrete Anhaltspunkte dafür genannt, dass er bei der Schenkung geschäftsunfähig gewesen sein könnte. Die Angaben zum Krankheitsverlauf, die medizinischen Befunde und das Attest zu den kognitiven Einschränkungen würden die Geschäftsunfähigkeit naheliegend erscheinen lassen. Hierüber hätten die Vorinstanzen ohne eigene Sachkunde nicht einfach hinweggehen dürfen und ein Sachverständigengutachten einholen müssen, so der BGH.

Außerdem hätten die Vorinstanzen auch die Motive des beschenkten Frau genauer unter die Lupe nehmen müssen. Die Sittenwidrigkeit bestimme sich nur nach den Motiven des Schenkers, sondern auch des Empfängers. Dies gelte umso mehr, wenn die Fähigkeit zur freien Willensbildung des Schenkers in Frage steht, machte der BGH deutlich. Das OLG Köln muss nun erneut entscheiden, ob der Mann die Schenkungen erfolgreich widerrufen hat.

„Bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit oder der freien Willensbildung sollten die entsprechenden rechtlichen Schritte eingeleitet werden, damit das Vermögen nicht Personen in die Hände fällt, die der Schenker oder Testierende ggf. gar nicht bedenken wollte und nicht mehr aus freien Stücken gehandelt hat“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Bei Fragen zu Erbschaft und Schenkung bietet BRÜLLMANN Rechtsanwälte Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an.

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