Der Bundesgerichtshof hat im VW-Abgasskandal für Klarheit gesorgt. Mit Urteil vom 25. Mai 2020 hat der BGH entschieden, dass VW durch die Abgasmanipulationen bei Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 189 vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und zum Schadensersatz verpflichtet ist (Az.: VI ZR 252/19).
Durch das erste höchstrichterliche Urteil im Dieselskandal hat der BGH weitgehend für Rechtssicherheit gesorgt. Einige Fragen sind aber offen geblieben, z.B. die des Schadensersatzanspruchs bei einem Kauf des Fahrzeugs nach Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015. Auch bei der Musterfeststellungsklage gegen VW sind diese Käufer leer ausgegangen.
Wer ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug nach dem 31.12.2015 erworben hat, ist in dem Musterverfahren durchs Sieb gefallen und hat kein Vergleichsangebot erhalten. „Das bedeutet nicht, dass ihnen der Anspruch auf Schadensersatz abgesprochen wurde. Für diese Fälle wurde nur kein Vergleich ausgehandelt. Sie können ihre Ansprüche in einer Einzelklage geltend machen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Dass auch in solchen Fällen gute Chancen bestehen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen, zeigen aktuelle Urteile des OLG Koblenz vom 13.03.2020 (Az.: 8 U 1351/19) und 03.04.2020 (Az.: 8 U 1956/19). In beiden Fällen hatten die Kläger deutlich nach Bekanntwerden des Abgasskandals betroffene Fahrzeuge gekauft. Im ersten Fall hatte der Kläger einen gebrauchten VW Touran im Februar 2016 erworben, im zweiten Fall hatte der Kläger einen gebrauchten VW Passat sogar erst im Oktober 2017 gekauft. Sie machten Schadensersatzansprüche geltend, weil sie über die Beschaffenheit der Fahrzeuge getäuscht worden seien.
Ihre Klagen waren vor dem OLG Koblenz erfolgreich. Der 8. Zivilsenat des OLG Koblenz vertritt die Auffassung, dass VW auch bei einem „späten“ Kauf nach Bekanntwerden des Abgasskandals wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hafte. Denn das objektiv sittenwidrige Verhalten von VW habe zum Zeitpunkt der Käufe immer noch angedauert, da der Autohersteller die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Manipulationsvorwurf nicht hinreichend informiert habe, so der 8. Zivilsenat.
Soweit VW in einer Mitteilung vom 22. September 2015 und durch eine im Oktober 2015 freigeschaltete Website die Öffentlichkeit über den Einbau der beanstandeten Software informiert habe, entfalle hierdurch das ihr anzulastende objektiv sittenwidrige Verhalten nicht. Denn die Gefahr, dass den Fahrzeugen die Stilllegung droht, wurde von dem Konzern nicht offengelegt, so der Senat. Die Kläger hätten daher einen Schadensersatzanspruch. Gegen Rückgabe der Fahrzeuge müsse VW den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahren Kilometer ersetzen, urteilte das OLG Koblenz.
„Die Urteile können allen Verbraucher Mut machen, die im Rahmen der Musterklage kein Vergleichsangebot von VW erhalten haben, weil sie ihr Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals gekauft haben. Auch sie haben gute Chancen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen“, so Rechtsanwalt Gisevius.
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