Mit seiner zukünftigen Schwiegertochter ist der Vater zweier Söhne nicht einverstanden. Er versucht daher die Heirat zu verhindern, indem er seinen Sohn testamentarisch enterbte, wenn er seine Lebensgefährtin heiraten sollte. Die Drohung hatte keinen Erfolg und die beiden gaben sich das Ja-Wort. Nach dem Tod des Vaters kam es zwischen den Brüdern zum Erbstreit. Das OLG München entschied, dass das Testament wirksam ist und die Klausel zur Enterbung nicht sittenwidrig ist (Az. 33 Wx 325/23).
Wer ein Testament erstellt, kann grundsätzlich frei bestimmen, was mit dem Vermögen nach dem Tod geschehen soll. Die Testierfreiheit ist ein hohes Gut und gesetzlich verankert. „Sie kann aber auch an ihre Grenzen stoßen, z.B. bei Sittenwidrigkeit“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Das OLG München sah in dem vorliegenden Fall die Grenze zur Sittenwidrigkeit aber nicht überschritten. Der Erblasser in dem zugrunde liegenden Fall hatte seine beiden Söhne im Testament je zur Hälfte als Erben eingesetzt. Dabei fügte er die Klausel hinzu, dass sein Sohn A. enterbt wird, falls er seine Lebensgefährtin heiratet. Die Eheschließung konnte der Vater dadurch aber nicht verhindern.
Nach seinem Tod stritten die Brüder um das Erbe. Der zweite Sohn beantragte einen Erbschein als Alleinerbe, da sein Bruder durch seine Heirat enterbt worden sei. Dagegen wehrte sich sein Bruder und argumentierte, dass die entsprechende Klausel in dem Testament sittenwidrig und damit unwirksam sei. Das Nachlassgericht gab ihm zwar recht, doch das OLG München kippte die Entscheidung in zweiter Instanz.
Nach einer umfassende Abwägung zwischen der verfassungsrechtlich geschützten Eheschließungsfreiheit des Erben und der ebenfalls grundrechtlich geschützten Testierfreiheit des Erblassers kam das OLG München zu der Auffassung, dass die Klausel nicht sittenwidrig sei. Sie stelle keine unverhältnismäßige Einflussnahme auf die Lebensführung des Erben dar.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Sohn zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht enterbt, sondern seine Erbschaft lediglich an eine aufschiebende Bedingung geknüpft worden sei. Zudem hatte der Sohn Anspruch auf seinen Pflichtteil. Er habe auch weiter im väterlichen Gastronomie-Betrieb gearbeitet, so dass er wirtschaftlich unabhängig gewesen sei. In der Gesamtbetrachtung sah das OLG keinen unzulässigen Druck auf den Sohn, sondern vielmehr eine zulässige Ausübung der Testierfreiheit: Der Vater hatte nachvollziehbar das Ziel, sein Lebenswerk vor dem Einfluss einer bestimmten Person zu schützen, nicht jedoch, die freie Partnerwahl seines Sohnes grundsätzlich zu unterbinden.
„Das OLG München hat mit seiner Entscheidung die Bedeutung der Testierfreiheit hervorgehoben. Erblasser können die Erbschaft demnach auch mit persönlichen Bedingungen verknüpfen, sofern dadurch kein unzumutbarer Druck auf den Erben erzeugt wird. Dennoch sollte geprüft werden, ob derartige Klauseln im Testament rechtlich wasserdicht sind“, so Rechtsanwalt Looser.
Erbrecht
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