Verbraucher können sich gegen überzogene Zinsen bei Kreditkartenkrediten wehren. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 30. Juli 2025 (Az. 2 O 30/25). Das Gericht entschied, dass Zinsen in Höhe von 19,44 Prozent sittenwidrig sind und der gesamte Kreditvertrag somit nichtig ist.
Die Klägerin, ein Kreditinstitut, hatte mit dem Beklagten im November 2020 einen Kreditkartenvertrag mit einem Verfügungsrahmen von 6.000 Euro geschlossen. Laut Vertrag betrug der effektive Jahreszins für Einkäufe 19,44 Prozent. Der Kredit sollte in monatlichen Teilzahlungen von mindestens 3 Prozent des Gesamtsaldos zurückgeführt werden.
Nachdem der Beklagte seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkam, kündigte die Klägerin den Vertrag im August 2023 und verlangte die sofortige Rückzahlung des Gesamtsaldos von 6.351,69 Euro. Unter Berücksichtigung von Nebenkosten, Zinsen und Mahngebühren machte sie eine Forderung in Höhe von 7.550,51 Euro geltend.
Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig
Das Landgericht Ravensburg wies die Klage der Bank jedoch weitgehend ab. Es entschied, dass der Kreditkartenvertrag wegen wucherähnlicher Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Lediglich der ausgezahlte Nettokreditbetrag in Höhe von knapp 4.200 Euro sei vom Verbraucher nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812 BGB zurückzuzahlen. Zinsen oder sonstige Nebenforderungen könne die Bank hingegen nicht verlangen.
Das Gericht stellte fest, dass der vereinbarte Zinssatz von 19,44 Prozent den zu dieser Zeit marktüblichen Effektivzins bei Konsumentenkrediten mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren in Höhe von 4,26 Prozent um mehr als das Vierfache übersteigt. „Das LG Ravensburg machte klar, dass damit die Grenze zur Sittenwidrigkeit deutlich überschritten wurde“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit liegt in der Regel bei einer Überschreitung des marktüblichen Zinssatzes von 100 Prozent oder 12 Prozentpunkten. Bei einem marktüblichen Zinssatz von 4,26 Prozent habe die Grenze zur Sittenwidrigkeit also bei 8,52 Prozent gelegen. Der von der Bank verlangte Zinssatz von 19,44 Prozent hat die Grenze zur Sittenwidrigkeit somit deutlich überschritten.
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Keine Sonderregel für Kreditkartenkredit
Der Argumentation der Bank, wonach für Kreditkartenkredite die spezielle Zinsreihe SUD 132 der Deutschen Bundesbank heranzuziehen sei, erteilte das LG Ravensburg eine Absage. Es dürfe hier kein Sondermarkt herangezogen werden. Vielmehr seien auch Kreditkartenkredite als Konsumentenkredite zu sehen, weshalb die allgemeine Zinsreihe SUD 114 maßgeblich sei. Im vorliegenden Fall bedeutet das einen Zinssatz von 4,26 Prozent.
Im Ergebnis muss der Kunde also nur den ausgezahlten Nettokreditbetrag in Höhe von knapp 4.200 Euro zurückzahlen und somit rund 3.350 Euro weniger als die Bank gefordert hatte.
Rechte der Verbraucher gestärkt
Das LG Ravensburg hat die Rechte der Verbraucher mit dem Urteil deutlich gestärkt. „Das Urteil zeigt, dass ein effektiver Jahreszins von fast 20 Prozent nicht marktüblich ist und dadurch der gesamte Vertrag unwirksam sein kann. Verbraucher haben somit gute Möglichkeiten sich gegen überhöhte Zinsen zu wehren“, so Rechtsanwalt Looser.
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