Im VW-Abgasskandal ist inzwischen auch der Dieselmotor EA 288, Nachfolgemodell des durch die Abgasmanipulationen bekannt gewordenen Motors EA 189, in den Fokus geraten. Halter eines VW Golf 7 mit dem Dieselmotor EA 288 werden von VW angeschrieben und aufgefordert, ihr Auto für ein Software-Update in die Werkstatt zu bringen.
Der freiwillige Rückruf läuft unter dem Code 23X4. Als Grund für den Rückruf nennt Volkswagen, dass sich die Leistung des NOx-Speicherkatalysators mit zunehmenden Alterungsprozess verschlechtern kann und es dadurch zu einem erhöhen Schadstoffausstoß in der Warmlaufphase kommen kann. Durch ein Update der Motorsteuerung soll ein erhöhter Emissionsausstoß vermieden werden. Negative Auswirkungen auf den Motor habe das Update nicht, versichert VW.
Welche Auswirkungen ein Software-Update tatsächlich langfristig auf den Motor hat, ist allerdings unklar. Anders als bei einem verpflichtenden Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) müssen die Halter einen freiwilligen Rückruf nicht nachkommen.
Ein Rückruf durch das KBA liegt für den VW Golf VII nicht vor. „Aber auch beim Motor EA 288 gibt es den Verdacht, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wird“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Erste entsprechende Gerichtsurteile liegen inzwischen auch bei Dieselfahrzeugen mit dem Motor EA 288 vor.
So hat das Landgericht Hanau VW mit Urteil vom 10. Juli 2020 zu Schadenersatz verurteilt (Az.: M4 O 333/19). In dem Verfahren ging es um einen VW Golf VII mit der Abgasnorm Euro 6 und dem Motor EA 288. Das LG Hanau kam zu dem Schluss, dass der VW Golf über eine Zykluserkennung verfüge, d.h. es wird erkannt, ob sich das Fahrzeug im Prüfmodus befindet. Ist das der Fall, wird die Abgasrückführung erhöht aber im realen Straßenbetrieb wieder reduziert. Folge ist, dass das Auto im normalen Straßenverkehr einen erhöhten Schadstoffausstoß hat. Dies sei eine unzulässige Abschalteinrichtung und VW sei deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, so das LG Hanau.
Vergleichbare Urteile gibt es auch vom LG Regensburg bei einem VW Golf VII und vom LG Offenburg bei einem Audi A3 (Az.: 3 O 38/18). Auch sie sprachen den Käufern Schadensersatz zu.
„Liegt eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, wird der Schaden der Käufer auch nicht durch die Installation eines Software-Updates beseitigt. Das hat der BGH mit Urteilen vom 25. Mai und 30. Juli entschieden. Denn der Schaden der Käufer liege schon im Abschluss eines Kaufvertrags über ein Fahrzeug, dass der Käufer bei Kenntnis der Abgasmanipulationen nicht erworben hätte“, so Rechtsanwalt Gisevius.
Die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston hat Ende April deutlich gemacht, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie im realen Straßenbetrieb zu einem erhöhten Emissionsausstoß führen.
„Vor diesem Hintergrund dürften sich Schadensersatzansprüche auch bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 durchsetzen lassen. Ein Rückruf des KBA ist für Schadensersatzansprüche keine Voraussetzung“, sagt Rechtsanwalt Gisevius.
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