VW muss rund 1,3 Millionen Fahrzeuge in die Werkstatt rufen, damit ein Software-Update aufgespielt werden kann. Betroffen sind Modelle des VW T5 und VW Crafter, VW Polo, VW Amarok und VW Touareg. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat den Rückruf vor wenigen Tagen veröffentlicht. Grund ist demnach ein Thermofenster bei der Abgasreinigung. In Deutschland sind mehr als 300.000 Fahrzeuge betroffen.
Der umfassende Rückruf zeigt, dass der Abgasskandal für VW immer noch nicht ausgestanden ist. Das KBA vermeidet es von einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei den Fahrzeugen zu sprechen. Stattdessen heißt es, dass die Reduktion der Abgasrückführungsrate (AGR) in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur nicht der europäischen Verordnung VO (EG) Nr. 715/2007 und den Urteilen des EuGH vom Juli 2022 zu Thermofenstern entspreche.
„Der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteilen vom 14. Juli 2022 deutlich gemacht, dass er Thermofenster, die dazu führen, dass die Abgasreinigung bei Temperaturen unter 15 bzw. über 33 Grad oder bei Höhen über 1.000 Meter, reduziert wird, für unzulässig hält“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Von dem aktuellen Rückruf des KBA konkret betroffen sind Modelle des VW Polo der Baujahre 2010 bis 2014 (Rückruf-Code 23M3), des VW Crafter und VW Transporter des Baujahre 2009 bis 2015 (Rückruf-Code 23M4), des VW Amarok der Baujahre 2010 bis 2013 (Rückruf-Code 23M5) sowie des VW Touareg der Baujahre 2011 bis 2014 (Rückruf-Code 23M7). Zudem gibt es noch einen weiteren Rückruf für Modelle des VW Touareg der Baujahre 2010 bis 2014 unter dem Code 23N3. Bei allen betroffenen Modellen soll in der Werkstatt ein Software-Update aufgespielt werden.
Das KBA macht zwar keine Angaben zum Motortyp, doch aufgrund der betroffenen Baujahre und dem Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH zum Thermofenster dürfte es sich um den durch den Abgasskandal hinlänglich bekannten Dieselmotor des Typs EA 189 handeln. Als der VW-Abgasskandal im Herbst 2015 aufgeflogen war, musste VW allein in Deutschland rund 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückrufen und die unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernen.
Das Problem ist, dass mit dem Software-Update auch ein Thermofenster aufgespielt wurde, das nun rund neun Jahre später Anlass eines erneuten Rückrufs ist. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat mit Urteil vom 20. Februar 2023 deutlich gemacht, dass das Software-Update bei einem VW Golf 6 eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters enthält, die entfernt werden müsste. VW und KBA haben gegen dieses Urteil zwar Berufung eingelegt, dennoch hat das KBA nun die ersten Rückrufe veranlasst. „Ob noch weitere Rückrufe folgen, ist derzeit nicht bekannt. Auszuschließen ist es nicht“, so Rechtsanwalt Gisevius.
VW-Käufer, die vom erneuten Rückruf betroffen sind, können Schadenersatzansprüche geltend machen. Der BGH hat mit Urteilen vom 26. Juni 2023 entschieden, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers bestehen, „Dadurch hat der BGH die Hürden für Schadenersatzansprüche insbesondere auch für Fahrzeuge mit einem Thermofenster gesenkt“, so Rechtsanwalt Gisevius.
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