Das Oberlandesgericht München ist mit Urteil vom 22. Dezember 2023 zu der Überzeugung gekommen, dass auch bei der BMW-Tochter Mini Cooper eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines Thermofensters bei der Abgasreinigung verwendet wurde. BMW habe sich daher schadenersatzpflichtig gemacht, entschied das OLG München (Az.: 9 U 6954/22 e). Dabei folgte es der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023, nach der Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers bestehen.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger im Juli 2018 einen Mini Cooper Countryman als Gebrauchtwagen zum Preis von 25.500 Euro gekauft. In dem Fahrzeug ist der Dieselmotor des Typs B47 mit der Abgasnorm Euro 6 verbaut. In dem Modell kommt bei der Abgasreinigung ein Thermofenster zum Einsatz. Dieses führt dazu, dass die Abgasreinigung in einem definierten Temperaturrahmen vollständig arbeitet, bei sinkenden Temperaturen aber reduziert wird, so dass der Stickoxid-Ausstoß steigt.
Der Kläger machte daher Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend. Ein verpflichtender Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts liegt nicht vor.
Das OLG München entschied, dass der Kläger nach der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens habe. Obwohl in dem Mini Cooper eine unzulässige Anschalteinrichtung in Form eines Thermofensters zum Einsatz kommt, habe BMW eine Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt. Damit habe BMW zumindest fahrlässig gehandelt und sich dadurch strafbar gemacht, so das OLG.
Eine unzulässige Abschalteinrichtung liege vor, wenn durch diese Funktion die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems schon unter normalen Betriebsbedingungen verringert wird. Dies sei hier der Fall. Denn durch das Thermofenster werde die Abgasrückführung schon bei Temperaturen unter 17 Grad reduziert, was zu einer Verschlechterung der Emissionswerte führe, so das OLG München. BMW habe sich zur konkreten Bedatung des Thermofensters nicht geäußert. Damit habe der Autohersteller den Vortrag des Klägers zur Ausgestaltung des Thermofensters nicht hinreichend bestritten, führte das Gericht weiter aus.
Da BMW keine Einzelheiten zu dem Thermofenster genannt hat, könne sich der Autobauer auch nicht auf eine hypothetische Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. Der Verweis auf einen allgemeinen Industriestandard oder die weite Verbreitung von Thermofenstern sei nicht ausreichend, stellte das OLG München klar.
Der Kläger habe daher Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens. Die Höhe des Differenzschadens beträgt nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Das OLG München bezifferte ihn mit 10 Prozent des Kaufpreises, sprich 2.550 Euro. Eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer wird nicht abgezogen.
„Anders als beim Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung wird bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers der Kaufvertrag nicht vollständig rückabgewickelt. Stattdessen erhält der Käufer den Differenzschaden in Höhe von 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises und kann das Fahrzeug behalten. Das bietet sich insbesondere bei Fahrzeugen mit einem Thermofenster an. Bei anderen unzulässigen Abschalteinrichtungen können weiterhin Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bestehen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.
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