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Keine Verjährung im VW Dieselskandal - OLG Stuttgart bestätigt Schadenersatzanspruch

VW kann sich im Abgasskandal nicht auf Verjährung der Schadenersatzansprüche zurückziehen. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16.02.2022 (Az.: 9 U 310/21). Das OLG hat der Käuferin eines VW Sharan 2.0 TDI mit dem Dieselmotor EA 189 Schadenersatz zugesprochen, obwohl sie ihren Anspruch erst fünf Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals geltend gemacht hat.

„VW hat sich erwartungsgemäß auf Verjährung des Schadenersatzanspruchs berufen. Doch darauf hat sich das OLG nicht eingelassen. Es argumentierte, dass es sich nicht feststellen lasse, dass unsere Mandantin schon 2015 durch die Berichterstattung in den Medien über den Dieselskandal oder 2016 durch den Erhalt eines Rückrufschreibens Kenntnis von der Betroffenheit ihres Fahrzeugs und ihrem Schadenersatzanspruch erlangt hatte. Daher sei die dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung 2020 noch nicht abgelaufen gewesen“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte, der das Urteil am OLG Stuttgart erstritten hat.

Schadenersatzklage erst 2020

Die Klägerin hatte vor Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 einen VW Sharan 2.0 TDI gekauft. In dem Fahrzeug ist der Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut, bei dem die Abgaswerte manipuliert worden waren. „Durch die Berichterstattung in den Medien hat unsere Mandantin natürlich von dem Dieselskandal erfahren. Allerdings wusste sie nicht, ob auch ihr Fahrzeug betroffen ist und vertraute darauf, dass sie einen Rückruf erhalten würde, wenn auch ihr Auto in die Werkstatt müsste. Weiter beschäftigte sie sich nicht damit“, so Rechtsanwalt Seifert.

An ein Rückruf-Schreiben von VW konnte sich die Klägerin nicht erinnern. Sie habe zwar ein Schreiben – vermutlich von der Werkstatt erhalten – und habe deshalb Wochen oder Monate später das Software-Update im März 2017 aufspielen lassen. Auf Schadensersatz klagte sie erst 2020.

OLG weist Einrede der Verjährung zurück

Mit Hinweis auf die dreijährige Verjährungsfrist erhob VW die Einrede der Verjährung. Die wies das OLG Stuttgart allerdings deutlich zurück. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne am Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Geschädigte Kenntnis von seinem Anspruch erlangt hat oder ihn ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dies sei vor 2017 nicht festzustellen, führte das OLG aus. Die Verjährungsfrist habe erst Ende 2017 begonnen und war bei Klageerhebung 2020 noch nicht abgelaufen.

Der Klägerin sei nicht vorzuwerfen, dass sie ohne grobe Fahrlässigkeit schon 2016 Kenntnis von ihren Ansprüchen hätte haben müssen. Zwar habe es über eine FIN-Abfrage die Möglichkeit gegeben, die Betroffenheit des Fahrzeugs festzustellen. Es sei aber auch nicht schlechthin unverständlich, die Möglichkeit bis Ende 2016 nicht zu nutzen, zumal die Klägerin glaubhaft versichert habe, von dieser Abfrage erst 2018 erfahren zu haben. Zudem habe sie glaubhaft vorgetragen, dass ein Auto für sie in erster Linie ein Gebrauchsgegenstand sei und ihr daher auch nicht bekannt war, welcher Motortyp in ihrem Fahrzeug verbaut sei, führte das OLG aus. Ihr Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sei daher noch nicht verjährt.

Gegen Rückgabe des Fahrzeugs kann sie die Erstattung des Kaufpreises (ca. 29.900 Euro) abzüglich eines Nutzungsersatzes in Höhe von 17.200 Euro für die gefahrenen rund 129.000 Kilometer verlangen. Damit bleibt ein Zahlungsanspruch in Höhe von rund 12.700 Euro.

Schadenersatzanspruch kann noch geltend gemacht werden

Dass VW sich im Abgasskandal wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung schadenersatzpflichtig gemacht hat, hat der BGH bereits mit Urteil vom 25.05.2020 entschieden (Az.: VI ZR 252/19).

Auch wer seine Schadenersatzansprüche bisher noch nicht geltend gemacht hat, kann das nachholen. Der BGH hat mit weiteren Urteilen vom 21.02.2022 entschieden, dass im Abgasskandal bei Neuwagen auch der Anspruch auf den sog. Restschadenersatz gemäß § 852 BGB besteht (Az.: VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21). „Dieser Anspruch verjährt erst auf den Tag genau zehn Jahre nach Kauf des Autos.“

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

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Das OLG Nürnberg hat im Abgasskandal Schadenersatz bei einem VW Polo mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 zugesprochen (Az.: 16 U 64/22). Da in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei der Abgasreinigung verwendet werde, habe der Kläger Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises – knapp 3.100 Euro.