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OLG Hamburg: VW kann sich im Abgasskandal nicht auf unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen

Um Schadenersatzansprüchen im Abgasskandal zu entgehen, berufen sich VW und andere Autohersteller zunehmend auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum bei der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung. So leicht ist das allerdings nicht, machte das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in einem von BRÜLLMANN Rechtsanwälte geführten Verfahren deutlich. An einen unvermeidbaren Verbotsirrtum seien hohe Anforderung geknüpft und die habe VW nicht ausreichend dargelegt, entschied das OLG Hamburg mit Beschluss vom 23. November 2023 (Az.: 5 U 129/22). In dem Verfahren geht es um Schadenersatzansprüche bei einem VW T5.

Der BGH hat die Hürden für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal mit Urteilen vom 26. Juni 2023 gesenkt. Demnach haftet der Autohersteller schon, wenn er nur fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat. „Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung muss nicht mehr nachgewiesen werden. Das erleichtert z.B. bei Fahrzeugen mit Thermofenster die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Autohersteller müssen unvermeidbaren Verbotsirrtum beweisen

Nach der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des BGH führen VW und andere Hersteller nun häufig an, dass ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt und sie deshalb nicht in der Haftung stehen. „Vereinfacht gesagt behaupten VW und andere Hersteller, dass sie nicht davon ausgehen konnten, dass eine Funktion als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft wird und sich diese irrtümliche Einschätzung auch nicht vermeiden ließ“, erklärt Rechtsanwalt Gisevius.

Die Autohersteller müssen aber auch beweisen, dass der Verbotsirrtum unvermeidbar war. Dieser Nachweis ist jedoch schwierig, denn die Anforderungen an einen unvermeidbaren Verbotsirrtum sind hoch, wie die Entscheidung des OLG Hamburg zeigt.

Thermofenster beim VW T5

In dem Verfahren geht es um einen VW T5 mit dem Dieselmotor des Typs EA 189. „Wie in vielen anderen Modellen auch, kommt in dem VW T5 unseres Mandanten ein Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz. Wir haben daher Schadenersatzansprüche geltend gemacht“, so Rechtsanwalt Gisevius.

VW berief sich erwartungsgemäß auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum, doch da spielte das OLG Hamburg nicht mit. Dabei folgte es der Rechtsprechung des BGH vom 25. September 2023 (Az.: VIa ZR 1/23). Demnach muss ein Autohersteller, der trotz der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung eine Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt hat, beweisen, dass sein Verhalten zum Zeitpunkt des Kaufs des Fahrzeugs nicht als fahrlässig zu bewerten ist. Beruft er sich dabei auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum, muss er sowohl den Verbotsirrtum als auch die Unvermeidbarkeit nachweisen.

OLG Hamburg: VW legt Irrtum nicht dar

VW hätte darlegen müssen, dass sich sämtliche seiner verfassungsmäßig berufenen Vertreter über die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im Irrtum befanden oder ihren Pflichten genügten. Erst wenn dieser Nachweis erbracht ist, gehe es um die Frage, ob die Abschalteinrichtung vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt wurde oder davon ausgegangen werden konnte, dass die Genehmigung erteilt werden würde. Diese Anforderungen an die Darlegung eines Verbotsirrtums habe VW nicht erfüllt, machte das OLG Hamburg klar.

„VW kann in einer Frist von drei Wochen zu dem Beschluss zwar noch Stellung beziehen. Der Beschluss des OLG Hamburg macht aber deutlich, dass sich VW und auch andere Hersteller nicht so einfach auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen können. Die Chancen auf Schadenersatz dürften dadurch weiter steigen. Das betrifft nicht nur den VW T5, sondern auch andere Modelle, die z.B. mit einem Thermofenster ausgestattet sind“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

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Zehn Prozent zurück vom Kaufpreis erhält der Käufer eines VW T6. Das hat das OLG Nürnberg mit Urteil vom 27. Februar 2025 entschieden (Az.: 16 U 1471/24). Grund ist, dass VW in dem Transporter eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei der Abgasrückführung verwendet hat.

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Knapp 5.000 Euro Schadenersatz erhält der Käufer eines VW T6, weil der Transporter mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei der Abgasrückführung ausgestattet ist. Das hat das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 18. Februar 2025 entschieden (Az.: 4 O 2776/24).

Das OLG München hat dem Käufer eines VW T6 mit Urteil vom 10. Februar 2025 Schadenersatz im Abgasskandal zugesprochen (Az.: 28 U 8424/21) . „Das Gericht folgte unserer Argumentation, dass VW in dem T6 eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters verwendet hat und unserem Mandanten deshalb Schadenersatz leisten muss“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, der das Urteil erstritten hat.

Der Käuferin eines VW Passat mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 hat das Amtsgericht Heilbronn mit Urteil vom 31. Januar 2025 Schadenersatz zugesprochen (Az.: 3 C 2713/23). Sie erhält 10 Prozent des Kaufpreises zurück. „Das Gericht ist unserer Argumentation gefolgt, dass VW in dem Passat eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form der sog. Fahrkurvenerkennung verwendet und sich damit schadenersatzpflichtig gemacht hat“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, der das Urteil erstritten hat.

Das OLG Nürnberg hat im Abgasskandal Schadenersatz bei einem VW Polo mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 zugesprochen (Az.: 16 U 64/22). Da in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei der Abgasreinigung verwendet werde, habe der Kläger Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises – knapp 3.100 Euro.