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OLG Karlsruhe spricht Schadenersatz im Abgasskandal wegen Thermofenster zu

Das OLG Karlsruhe ist mit Urteilen vom 22. August 2023 der Rechtsprechung des Bundessgerichtshof gefolgt, nach der Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers bestehen. Es verurteilte einen Autohersteller wegen der Verwendung eines Thermofensters bei der Abgasreinigung daher zu Schadenersatz (Az.: 8 U 86/21 und 8 U 271/21).

Bei den Verfahren vor dem OLG Karlsruhe ging es um Fahrzeuge mit 3-Liter-Dieselmotor und der Abgasnorm Euro 5. In den Fahrzeugen kommt ein sog. Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz. Das Thermofenster sorgt dafür, dass die Abgasreinigung in einem festgelegten Temperaturbereich vollständig funktioniert, so dass der Stickoxid-Ausstoß reduziert wird. Außerhalb dieses Temperaturbereichs wird die Abgasreinigung jedoch eingeschränkt. In den vorliegenden Fällen war das bei Außentemperaturen unter 17 und über 34 Grad der Fall. Folge ist, dass der Stickoxid-Ausstoß steigt.

„Solche Thermofenster sind weit verbreitet und werden u.a. von Audi, VW oder Mercedes eingesetzt. Der EuGH hat entschieden, dass solche Funktionen unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen, sofern sie nicht aus Gründen der Motorschutzes notwendig sind“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Allerdings war es schwierig, den Autoherstellern bei der Verwendung von Thermofenstern eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nachzuweisen. „Das ist nun nicht mehr nötig, da nach Rechtsprechung des EuGH und des BGH Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit bestehen“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Dieser Rechtsprechung schloss sich das OLG Karlsruhe an und geht davon aus, dass der Autohersteller zumindest fahrlässig gehandelt und sich somit schadenersatzpflichtig gemacht hat. Dem Autohersteller sei es nicht gelungen, dies zu widerlegen. Zudem habe er sich auch nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden, stellte das OLG fest. Denn der Autohersteller habe schon nicht hinreichend dargelegt, dass die verantwortlich handelnden Personen tatsächlich einem Irrtum unterlagen.

Beim Schadenersatz wegen Fahrlässigkeit wird der Kaufvertrag nicht vollständig rückabgewickelt. Stattdessen hat der Käufer Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, der nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises liegt. Zudem kann der Käufer das Fahrzeug behalten.

„Durch die Rechtsprechung des BGH sind die Hürden für Schadenersatz im Abgasskandal erheblich gesunken. Davon können besonders Besitzer eines Autos mit einem Thermofenster profitieren. Bei anderen unzulässigen Abschalteinrichtungen können auch Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung möglich sein“, so Rechtsanwalt Gisevius.

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