Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26. Juni 2023 entschieden, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers bestehen. Das Urteil zeigt Wirkung. Das Landgericht Chemnitz folgte mit Urteil vom 31. August 2023 der Rechtsprechung des BGH und verurteilte VW zu Schadenersatz wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei einem VW Transporter mit Dieselmotor des Typs EA 288.
Der Dieselmotor des Typs EA 288 ist das Nachfolgemodell des durch den VW-Abgasskandal hinlänglich bekannten Motors EA 189. Wie der Vorgänger wird er bei Fahrzeugen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda eingesetzt. Das Thema unzulässige Abschalteinrichtungen hat sich aber auch bei dem Motor EA 288 nicht erledigt, wie u.a. das Urteil des LG Chemnitz vom 31. August 2023 zeigt.
Der Kläger hatte den VW Transporter 2,0 TDI mit dem Dieselmotor EA 288 als Neufahrzeug gekauft und zahlte dafür rund 37.900 Euro. In dem Modell kommt ein Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz. Das Thermofenster bewirkt, dass die Abgasreinigung in einem festgelegten Temperaturrahmen vollständig arbeitet, bei sinkenden oder sehr hohen Außentemperaturen aber reduziert wird. Folge ist, dass der Emissionsausstoß steigt. Der Kläger machte daher Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend.
VW argumentierte, dass ein Thermofenster keine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle. Das LG Chemnitz sah dies jedoch anders und orientierte sich an der Rechtsprechung des EuGH. Demnach seien Abschalteinrichtungen nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn sie den Motor unmittelbar vor Beschädigung schützen soll. Hingegen sei eine Abschalteinrichtung wie ein Thermofenster, das unter normalen Betriebsbedingungen den Großteil des Jahres aktiv ist, unzulässig.
Weiter hat der EuGH entschieden, dass der Käufer eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung Anspruch auf Schadenersatz hat. Der BGH ist dieser Rechtsprechung gefolgt und hat mit Urteil vom 26. Juni 2023 entschieden, dass schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers Schadenersatzansprüche bestehen. Anders als bei Schadenersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, bei denen der Kaufvertrag komplett rückabgewickelt wird, besteht bei Fahrlässigkeit Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens. „Der Differenzschaden beträgt nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Vorteil ist, dass der Kläger das Auto behalten kann und eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer erst dann angerechnet wird, wenn sie zusammen mit dem Restwert den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigt“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Den Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens sah das LG Chemnitz hier gegeben und bezifferte ihn auf zehn Prozent des Kaufpreises, also rund 3.790 Euro.
„Schadenersatzansprüche wegen Fahrlässigkeit bieten sich besonders bei Fahrzeugen mit dem weit verbreiteten Thermofenster an, da den Autoherstellern hier nur schwer Vorsatz nachzuweisen ist. Bei anderen Abschalteinrichtungen kommen aber nach wie vor auch Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Betracht“, so Rechtsanwalt Gisevius.
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