Im Abgasskandal hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht Schadenersatz bei einem Audi Q5 3.0 TDI zugesprochen. Das OLG entschied mit Urteil vom 7. Dezember 2023, dass das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und Audi gemäß der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 Schadenersatz leisten muss (Az.: 5 U 231/22).
Der Kläger hatte den Audi Q5 im Januar 2013 zum Preis von 61.905 Euro gekauft. Das Fahrzeug ist mit einem 3-Liter-TDI-Motor ausgestattet und nach der Schadstoffklasse Euro 5 zugelassen. Er machte Schadenersatzansprüche geltend, weil in dem Audi Q5 unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien. So käme u.a. bei der Abgasrückführung ein Thermofenster zum Einsatz. Dadurch werde die Abgasreinigung schon bei Temperaturen unterhalb von 17 Grad deutlich reduziert.
Das OLG Schleswig-Holstein entschied, dass der Kläger Anspruch auf Schadenersatz hat. Denn in dem Fahrzeug sei eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters verbaut. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei eine Abschalteinrichtung unzulässig, wenn sie schon unter Bedingungen wie sie im Gebiet der Europäischen Union üblich sind, die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems reduzieren. In der EU seien Umgebungstemperaturen von weniger als 15 Grad oder das Autofahren oberhalb von 1.000 Metern durchaus üblich. Ein Thermofenster, das schon bei Temperaturen unterhalb von 17 Grad für eine deutliche Reduzierung der Abgasreinigung sorgt, sei daher eine unzulässige Abschalteinrichtung, stellte das OLG klar.
Allerdings reiche die Verwendung eines solchen Thermofensters nicht aus, um Audi Sittenwidrigkeit zu unterstellen. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags. Der Kläger habe aber Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens. Denn Audi habe trotz der unzulässigen Abschalteinrichtung eine Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt und damit zumindest fahrlässig gehandelt. „Nach der Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 reicht Fahrlässigkeit für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal bereits aus“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum könne sich Audi nicht berufen, so das Schleswig-Holsteinische OLG. Der Autobauer habe nicht dargelegt, welche Informationen zur Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem KBA überhaupt offengelegt wurden. Trotz Hinweises des Gerichts, dass Audi konkrete technische Daten vorlegen müsse, habe sich Audi dazu nicht weiter geäußert.
Bei Fahrlässigkeit wird anders als bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Kaufvertrag nicht vollständig rückabgewickelt. Stattdessen hat der geschädigte Käufer Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens und kann das Fahrzeug behalten. Der Differenzschaden beträgt nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Das OLG Schleswig bezifferte den Differenzschaden mit 10 Prozent, also 6.190,50 Euro.
„Der BGH hat die Hürden für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal erheblich gesenkt, da Ansprüche schon bei Fahrlässigkeit bestehen. Schadenersatzansprüche wegen Fahrlässigkeit bieten sich insbesondere bei Fahrzeugen mit einem Thermofenster an. Bei Fahrzeugen mit anderen unzulässigen Abschalteinrichtungen können ggf. auch Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrags geltend gemacht werden“, so Rechtsanwalt Gisevius.
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