Viele Camper nutzen die Sommerferien, um mit ihrem Wohnmobil auf Tour zu gehen. Was die Urlaubsfreude vieler Wohnmobil-Besitzer trübt, ist der Abgasskandal. Besonders Wohnmobile, die auf einen Fiat Ducato basieren, sind von Abgasmanipulationen betroffen. Fiat Chrysler ist deshalb bereits von einer Reihe Gerichten zu Schadenersatz verurteilt worden. Das Landgericht Leipzig hat sich mit Urteil vom 15. Juli 2022 dieser Rechtsprechung angeschlossen und dem Besitzer eines Wohnmobils Sun Living Lido M 46 SP Schadenersatz zugesprochen (Az.: 3 O 689/21).
Der Kläger hatte das Wohnmobil des Typs Lido M 46 SP des Herstellers Sun Living 2019 als Gebrauchtfahrzeug gekauft. Der Camper baut auf einen Fiat Ducato mit 2,3-Liter-Motor mit der Abgasnorm Euro 5 auf.
Der Kläger machte Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend. So komme u.a. eine Zeitschaltuhr zum Einsatz, die dafür sorge, dass die Abgasreinigung nach 22 Minuten abgeschaltet wird. Damit sei sie gerade lange genug für den rund 20-minütigen Test im Prüfmodus aktiv, so dass die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß eingehalten werden. Nach Ablauf der 22 Minuten steige der Emissionsausstoß an und die gesetzliche Grenzwerte würden deutlich überschritten.
Das LG Leipzig folgte den Ausführungen des Klägers und sprach ihm Schadenersatz gemäß § 826 BGB zu. Fiat Chrysler habe nicht widerlegt, dass die Abgasreinigung nach dem für den Prüfzyklus vorgesehenen Zeitraum von 22 Minuten komplett abgeschaltet wird. Auch wenn die Abgasreinigung des Fahrzeugs während dieser 22 Minuten auf dem Prüfstand genauso funktioniere wie im Straßenverkehr, sei davon auszugehen, dass die Fahrt mit einem Wohnmobil auch (weit) länger dauern kann, so das LG Leipzig. Dies führe im Ergebnis dazu, dass das Fahrzeug im Prüfmodus ein anderes Emissionsverhalten zeige als im Straßenverkehr und daher von einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen sei.
Der Kläger sei vorsätzlich sittenwidrig getäuscht worden und habe Anspruch auf Schadenersatz, entschied das Gericht. „In der Regel kann der Kläger dann die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen, d.h. er gibt das Fahrzeug zurück und erhält im Gegenzug den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer zurück. Nach der Rechtsprechung des BGH ist im Abgasskandal aber auch der sog. kleine Schadenersatz möglich“, erklärt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Beim kleinen Schadenersatz kann der Kläger das Fahrzeug behalten und bekommt die Wertminderung, die das Fahrzeug durch die unzulässige Abschalteinrichtung erlitten hat, ersetzt. Darauf hatte der Kläger in dem Verfahren vor dem LG Leipzig geklagt und das Gericht sprach ihm den kleinen Schadenersatz zu. Den Wertverlust bezifferte es mit 15 Prozent des Kaufpreises. Da der Kläger das Wohnmobil für 33.000 Euro gekauft hat er Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 4.950 Euro.
„Je mehr Kilometer ein Fahrzeug auf der Uhr hat, umso höher fällt beim Schadenersatz die Nutzungsentschädigung aus. Daher kann sich gerade bei Wohnmobilen der kleine Schadenersatz anbieten“, so Rechtsanwalt Seifert.
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