Rückrufservice

Abgasskandal – Interne Bosch-Dokumente bringen Autohersteller unter Druck

Interne Dokumente des Automobilzulieferers Bosch zeigen deutlich auf, wie tief die Autohersteller in den Abgasskandal verstrickt sind. Wie u.a. der Bayerische Rundfunk (BR) am 17. November 2022 berichtet, listet Bosch in den Dokumenten nicht weniger als 44 Funktionen auf, die teilweise von den Autobauern bestellt wurden, und die – so Bosch – möglicherweise gegen Behörden-Bestimmungen verstoßen.

Die Dokumente zeigen, dass schon früh erkennbar war, dass es sich zumindest bei einem Teil der Funktionen um unzulässige Abschalteinrichtungen handelt“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Nachdem der Abgasskandal im Herbst 2015 aufgeflogen war, hatte Bosch interne Untersuchungen angestellt, um zu prüfen, inwieweit der Konzern in die unzulässigen Abgasmanipulationen verstrickt sein könnte. Die bislang unveröffentlichten Dokumente wurden im Sommer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zugespielt. Der BR und das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ konnten Einsicht nehmen und es zeigt sich, dass die internen Untersuchungsergebnisse von Bosch es durchaus in sich haben. Überschrieben sind sie mit „Zusammenstellung der Funktionen, die ein besonderes Potenzial für nicht behördenkonforme Applikationen bieten.“

Weiter stellt Bosch dar, dass nach den eigenen Untersuchungen 44 sensible Funktionen identifiziert wurden, die möglicherweise unzulässig sind. Betroffen seien in erster Linie Diesel-Motoren, aber auch Benziner. Zudem listet Bosch auf, welche Software-Funktionen für welche Autohersteller programmiert wurden. Zu den Kunden zählten u.a. VW, Audi, Porsche, Daimler, BMW und ausländische Autohersteller wie Fiat und Toyota.

Aus den Unterlagen geht weiter hervor, dass es bspw. eine Funktion gibt, die die erforderliche Zufuhr von AdBlue reduzieren soll – und zwar auch über den Bauteileschutz hinaus. Folge der Reduzierung der AdBlue-Zufuhr ist, dass der Emissionsausstoß des betroffenen Fahrzeugs steigt. Diese Funktion soll an Daimler und Fiat geliefert worden sein. Der EuGH hat bereits mit Urteil vom 17. Dezember 2020 deutlich gemacht, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig sind und Ausnahmen nur zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig sind (Az.: C-693/18). „Die beschriebene Funktion dürfte über den Motorschutz hinausgehen. Hier handelt es sich offenbar nicht um eine zulässige Ausnahme, sondern um eine unzulässige Abschalteinrichtung“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Bosch listet weitere Funktionen auf, mit denen auch andere Autohersteller beliefert wurden, und führt auf, warum diese kritisch sind. So finden sich Anmerkungen wie „Reduzierung über Bauteileschutz hinaus“, „SOF-Funktion kann indirekt als Timer für Zykluserkennung verwendet werden“, „Optimierung im Zyklusbereich“ oder „könnte für Rollenbetriebserkennung verwendet werden“, wie die DUH in einer Presserklärung mitteilte.

Die Unterlagen reichen bis in das Jahr 2006. Bosch war sich offenbar bewusst, dass die Behörden zumindest einige Funktionen als unzulässig einstufen könnten. So teilt die DUH weiter mit, dass in den internen Unterlagen auch auf ein Dokument aus dem Arbeitskreis Audi, VW, BMW, Daimler und Bosch aus dem Jahr 2006 verwiesen werde. Dort heißt es, dass die Funktionen einerseits Auswirkungen auf die Einhaltung behördlicher Vorschriften haben können. Weiter heißt es in Richtung der Autobauer: „Applikationsverantwortung sowie Rechtfertigung der Funktion selbst liegt beim Kunden.“

„Aus den Unterlagen wird deutlich, dass Autohersteller nicht länger behaupten können, nichts von der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtungen gewusst zu haben. Zudem wird deutlich, dass verschiedene Funktionen im Auftrag der Kunden programmiert wurden“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Nachdem der EuGH am 8. November 2022 entschieden hat, dass qualifizierte Umwelteinrichtungen wie die DUH im Abgasskandal klageberechtigt sind, nimmt der Dieselskandal wieder Fahrt auf. 119 Klagen der DUH gegen Typengenehmigungen sind beim Verwaltungsgericht Schleswig anhängig und sollen im Februar 2023 verhandelt werden. Es geht dabei um die Zulassungen von Millionen Fahrzeugen, die möglicherweise mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterwegs sind. „Auf die betroffenen Fahrzeughalter könnten Rückruf oder sogar Verlust der Zulassung zukommen. Daher sollten sie rechtzeitig handeln und Schadenersatzansprüche geltend machen“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/abgasskandal

Abgas-Skandal, Automotive, T6-Motorschaden, T5 Öltod, LSPI/Super knocking

Hier mehr zu diesem Rechtsgebiet erfahren oder anrufen +49 711 - 520 888 0.
Gerne können Sie uns eine Mail senden an info@bruellmann.de

Ansprechpartner

Sekretariat: Frau Kalaitsidou
Tel:  0711 / 520 888 - 0
Fax: 0711 / 520 888 - 23  
E-Mail: info@oeltod-anwalt.de

Kontaktieren Sie uns

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@bruellmann.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. *
CAPTCHA
Aktuelles

Im Abgasskandal hat das Thüringer Oberlandesgericht dem Käufer eines Audi A6 Schadensersatz zugesprochen (Az.: 3 U 347/24). Das OLG kam zu der Überzeugung, dass Audi in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sogenannten Thermofensters eingesetzt und den Kläger geschädigt hat.

Volvo rutscht tief in den Abgasskandal. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat den Rückruf für Dieselfahrzeuge des Typs Volvo XC60 2.0 mit der Abgasnorm Euro 5 angeordnet. Grund ist eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters bei der Abgasreinigung.

Weil in seinem VW T5 eine unzulässige Abschalteinrichtung im Form eines Thermofensters verbaut ist, hat der Käufer eines VW T5 Anspruch auf Schadenersatz. Das hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 12. Juni 2025 entschieden (Az. 211 C 2001/25).

Unter dem Code 24S79 ruft Ford bekanntlich rund 56.000 Fahrzeuge des Ford Kuga Plug-in-Hybrid der Baujahre 2019 bis 2023 in Deutschland wegen Brandgefahr zurück. Die Hochvoltbatterie soll aus diesem Grund vorübergehend nicht mehr geladen und nur noch der Benzinmotor genutzt werden. Als Ausgleich für den wirtschaftlichen Schaden bietet Ford den betroffenen Fahrzeughaltern nun offenbar Kulanzzahlungen in Höhe von 120 Euro an.

Mit Urteil vom 19. März 2025 hat das OLG Köln im Abgasskandal Schadenersatz bei einem VW Polo zugesprochen (Az. 22 U 43/22). Trotz der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung habe VW eine Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt und die Klägerin dadurch zumindest fahrlässig geschädigt.

Das OLG Karlsruhe hat im Abgasskandal mit Urteil vom 12. Mai 2025 ein weiteres Mal einem Käufer eines VW T6 Schadenersatz zugesprochen (Az. 8 U 260/22). Da in dem T6 eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasrückführung zum Einsatz komme, habe der Kläger Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens in Höhe von 10 Prozent das Kaufpreises, entschied das Gericht.