Rückrufservice

Urlaubsanspruch nicht verjährt - EuGH C-120/21; C-518/20; C-727/20

23.09.2022

Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Erholungsurlaub. Mit einer wegweisenden Entscheidung hat der EuGH am 22. September 2022 deutlich gemacht, dass dieser Anspruch nicht einfach verjährt (Az.: C-120/21; C-518/20; C-727/20). Der Urlaub verfällt demnach nur, wenn der Arbeitgeber zuvor darauf hingewirkt hat, dass der Mitarbeiter seinen Urlaub nimmt und ihm dies auch ermöglicht hat.

„Der EuGH hat die Rechte der Arbeitnehmer erheblich gestärkt. Hat der Arbeitgeber nicht darauf hingewirkt, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub nimmt, tritt keine Verjährung ein. Der Urlaub kann dann auch nach mehr als drei Jahren noch geltend gemacht werden“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Arbeitnehmer haben in der EU einen Anspruch auf Erholungsurlaub. In Deutschland beträgt der gesetzliche Mindestanspruch bei einer 5-Tage-Woche 20 Tage. Wird der Urlaub im laufenden Kalenderjahr nicht genommen, kann er aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen ins Folgejahr übertragen werden und muss bis zum 31. März genommen werden. Der Arbeitgeber muss aktiv auf den Resturlaub und möglichen Verfall hinweisen. Nimmt der Arbeitnehmer den Urlaub trotzdem nicht, verfällt er.

Der EuGH hat nun entschieden, dass auch Urlaubsansprüche, die schon länger als drei Jahre zurückliegen, noch nicht verjährt sind.

In einem Fall konnte die Klägerin nach eigener Aussage ihren Urlaub wegen der hohen Arbeitsbelastung nicht nehmen und forderte eine Abgeltung der Urlaubstage. Der Arbeitgeber verwies darauf, dass der Urlaubsanspruch aufgrund der im Zivilrecht üblichen Frist von drei Jahren bereits verjährt sei. Allerdings hatte er seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt und nicht darauf hingewiesen, dass der Urlaub verfallen kann, wenn die Arbeitnehmerin ihn nicht rechtzeitig nimmt.

Der EuGH positionierte sich auf Seite der Arbeitnehmerin. Komme der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten nicht nach, dürfe er nicht auch noch dadurch „belohnt“ werden, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers verjähren.

In den beiden anderen Fällen konnten die Arbeitnehmer ihren Urlaub wegen einer vollen Erwerbsminderung bzw. wegen einer langanhaltenden Krankheit nicht nehmen. Nach Ansicht der Arbeitgeber waren die Urlaubsansprüche längst verfallen. Die Kläger argumentierten, dass die Arbeitgeber ihre Mitwirkungspflicht verletzt hätten, weil sie nicht auf den Resturlaub hingewiesen haben. Auch hier entschied der EuGH arbeitnehmerfreundlich. Da die Arbeitgeber nicht auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hingewiesen haben, seien sie auch noch nicht verfallen.

Hier mehr zu diesem Rechtsgebiet erfahren oder anrufen +49 711 - 520 888 0.
Gerne können Sie uns eine Mail senden an info@bruellmann.de

Das Bundesarbeitsgericht hatte die Fälle dem EuGH vorgelegt und muss nun auch abschließend darüber entscheiden.

„Nach der Entscheidung des EuGH ist klar, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erholungsurlaub Priorität genießt. Arbeitgeber sollten ihre Hinweis- und Mitwirkungspflichten daher keineswegs auf die leichte Schulter nehmen. Zudem müssen auch Ausschluss- oder Verfallsklauseln in den Arbeitsverträgen ggf. unter die Lupe genommen werden“, so Rechtsanwalt Seifert.

BRÜLLMANN Rechtsanwälte berät Sie bei arbeitsrechtlichen Fragen und bietet Ihnen gerne eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/rechtsanwalt-urlaubsgeldanspruch-stuttgart

Ansprechpartner

Sekretariat: Frau Polski
Tel: 0711 / 520 888 - 28
Fax: 0711 / 520 888 - 23
E-Mail: m.seifert@bruellmann.de

Kontaktieren Sie uns

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@bruellmann.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. *
Aktuelles
01.03.2023

Während der Corona-Pandemie gab es zwar u.a. für Pflegekräfte eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Die Freistellung ungeimpfter Mitarbeiter dürfte jedoch in vielen Fällen zu Unrecht erfolgt sein. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 3. Februar 2023 (Az.: 7 Sa 67/22). Demnach ist Voraussetzung für eine Freistellung, dass das Gesundheitsamt zuvor ein Tätigkeitsverbot verhängt hat.
16.11.2022

Eine außerordentliche Kündigung kann der Arbeitgeber nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen aussprechen, nachdem ihm das Vorliegen der Kündigungsgründe bekannt geworden ist. Die Frist wird erst dann in Lauf gesetzt, wenn die Person in dem Unternehmen, die zur Kündigung berechtigt ist, Kenntnis von allen kündigungsrelevanten Umständen erhalten hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 5. Mai 2022 entschieden (Az. 2 AZR 483/21).
15.11.2022

Arbeitszeitbetrug kann Grund für eine Kündigung sein. Videoaufnahmen sind in der Regel jedoch keine geeignete Methode, um einem Arbeitnehmer den Arbeitszeitbetrug nachzuweisen. Das hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen mit Urteil vom 6. Juli 2022 entschieden (Az.: 8 Sa 1148/20). D
02.11.2022

Nur wenn es eine stichhaltige Begründung dafür gibt, darf der ehemalige den neuen Arbeitgeber vom Fehlverhalten eines Mitarbeiters in Kenntnis setzen. Ohne einen solchen Grund überwiege das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten, stellte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 5. Juli 2022 klar (Az.: 6 Sa 54/22).
19.10.2022

Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeiterfassung stehen sich nicht unvereinbar gegenüber. Das stellte das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 11. Juli 2022 klar (Az.: 4 TaBV 9/22). Das Gericht entschied, dass der Betriebsrat auch bei Vertrauensarbeitszeit vom Arbeitgeber eine Übersicht über die geleisteten Arbeitsstunden verlangen kann.
18.10.2022

Um das Arbeitsklima ist es nicht immer zum Besten bestellt. Das kann dazu führen, dass Mitarbeiter die Entlassung eines Kollegen fordern oder anderenfalls selbst kündigen wollen. Für den Arbeitgeber ist das eine schwierige Situation. Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 13. Juli 2022 darf er den Forderungen der Belegschaft nicht ohne wichtigen Grund nachgeben und eine sog. Druckkündigung aussprechen (Az.: 2 Ca 199/22).