Rückrufservice

Widerspruch Lebensversicherung - BGH stärkt Rechte der Versicherungsnehmer - IV ZR 40/21

25.04.2023

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15. März 2023 die Position der Verbraucher beim Widerruf bzw. Widerspruch einer Lebensversicherung erheblich gestärkt (Az. IV ZR 40/21). Nach der Entscheidung des BGH muss die Widerspruchsbelehrung eindeutig darüber aufklären, in welcher Form der Widerspruch erfolgen muss. „Folge einer unzureichenden Widerspruchsbelehrung ist, dass der Ausstieg aus dem Versicherungsvertrag noch Jahre nach Abschluss des Vertrags möglich ist. Dabei ist der Widerspruch in der Regel die deutlich lukrativer als die Kündigung der Police“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Versicherungsnehmer im April 2002 eine Lebensversicherung nach dem sog. Policenmodell abgeschlossen. In der Widerspruchsbelehrung heißt es, dass die 14-tägige Widerspruchsfrist gewahrt ist, wenn der Widerspruch rechtzeitig abgesendet wird. Den Widerspruch erklärte der Versicherungsnehmer erst 2017 und der Versicherer wies ihn erwartungsgemäß zurück.

Der Fall landete schließlich vor dem BGH und die Karlsruher Richter erklärten, dass der Widerspruch immer noch möglich war, da die Widerspruchsfrist aufgrund der fehlerhaften Widerspruchsbelehrung nicht in Lauf gesetzt wurde. Die Widerspruchsbelehrung sei fehlerhaft, weil sie keinen Hinweis darüber enthielt, in welcher Form der Widerspruch erklärt werden müsse. Hier sei nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der ab 1. August 2001 gültigen Fassung die Textform erforderlich, aber auch ausreichend. Textform bedeutet, dass bspw. auch eine E-Mail ausreichend ist. Bei Verträgen, die vor 2002 geschlossen wurden, ist die Schriftform erforderlich.

Der BGH machte deutlich, dass es sich dabei nicht nur um einen geringfügigen Belehrungsfehler handelt, der den Versicherungsnehmer nicht daran hindert, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen auszuüben, wie bei zutreffender Belehrung. Der Hinweis auf die rechtzeitige Absendung sei schon deshalb nicht ausreichend, weil daraus nicht deutlich werde, dass der Widerspruch in Text- oder Schriftform zu erfolgen habe. Der Versicherungsnehmer könne daher annehmen, dass der Widerspruch auch mündlich erklärt und dann als Ton- oder Videoaufnahme per E-Mail oder auf einem Datenträger rechtzeitig abgesendet werde. Bei einer solchen Übermittlung wäre die Textform allerdings nicht gewahrt. Dabei sei es nicht wesentlich, dass eine solche Übertragungsart eher selten gewählt werde, entscheidend sei nur, dass die Widerspruchsbelehrung der Versicherungsnehmer über die erforderliche Form des Widerspruchs im Unklaren lässt, so der BGH.

„Ohne einen entsprechenden Hinweis wurde die Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt und der Widerspruch ist daher noch Jahre nach Abschluss der Lebensversicherung möglich“, so Rechtsanwalt Seifert. Der erfolgreiche Widerspruch führt dazu, dass der Versicherungsnehmer die Rückzahlung seiner geleisteten Beiträge verlangen kann. Abzuziehen sind lediglich die abgeführte Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag sowie ein Betrag für den gewährten Versicherungsschutz. Abschluss- und Verwaltungskosten muss jedoch ausschließlich der Versicherer tragen.

„Der Widerspruch ist dadurch finanziell deutlich attraktiver als die Kündigung der Police, bei der der Versicherungsnehmer nur den in der Regel enttäuschenden Rückkaufswert erhält. Daher sollte zunächst geprüft werden, ob der Widerspruch möglich ist“, so Rechtsanwalt Seifert.

BRÜLLMANN Rechtsanwälte bietet Ihnen gerne eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten.

Hier mehr zu diesem Rechtsgebiet erfahren oder anrufen +49 711 - 520 888 0.
Gerne können Sie uns eine Mail senden an info@bruellmann.de

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/faelle/lebensversicherungen

Kontaktieren Sie uns

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@bruellmann.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. *
Aktuelles
23.04.2024

Bei älteren Lebensversicherungen kann es noch einen vereinbarten Garantiezins oder Steuervorteile geben. Daher sollten Versicherungsnehmer vorsichtig sein, wenn der Versicherer ihnen einen Wechsel von einem Altvertrag in einen Neuvertrag anbietet, denn diese Vorteile können dann verloren gehen. Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 27. September 2023 die Rechte der Versicherungsnehmer gestärkt und entschieden, dass die Kündigung der alten Police unwirksam ist, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über die Konsequenzen aufgeklärt wurde (Az.: 20 U 22/23).
19.03.2024

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24. Januar 2024 ein weiteres Mal bestätigt, dass der Widerruf einer Rentenversicherung auch Jahre nach Abschluss der Police noch wirksam erfolgen kann (Az.: IV ZR 306/22). Der Widerruf ist dann noch möglich, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und die Widerspruchsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt wurde.
11.03.2024

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21. Februar 2024 die Rechte der Versicherungsnehmer beim Widerruf von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen gestärkt (Az.: IV ZR 297/22). Der BGH machte deutlich, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, wenn sie den Eindruck erweckt, dass der Beginn der Widerrufsfrist allein an den Erhalt des Versicherungsscheins geknüpft ist. Die Widerrufsfrist wird durch die fehlerhafte Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt.
23.01.2024

Der Widerruf einer Rentenversicherung kann auch Jahre nach Vertragsschluss noch möglich sein. Das zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2023 (Az.: IV ZR 40/22). Der BGH urteilte, dass der Widerruf auch noch rund zehn Jahre nach Abschluss der Police wirksam erfolgt sei, weil der Versicherer den Kunden nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt hat.
13.11.2023

Die Gothaer Krankenversicherung muss einem Versicherungsnehmer überzahlte Beiträge zur privaten Krankenversicherung erstatten. Das hat das Landgericht München mit Urteil vom 15. September 2023 entschieden (Az.: 10 O 4527/22). Grund ist, dass die Gothaer Krankenversicherung Beitragserhöhungen nicht ausreichend begründet hat.
02.11.2023

Der Widerruf einer Rentenversicherung bei der Allianz Lebensversicherung war erfolgreich. Der BGH bestätigte mit Urteil vom 11. Oktober 2023, dass die Allianz eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat und der Versicherungsnehmer den Vertrag daher auch noch Jahre nach Vertragsschluss widerrufen konnte (Az.: IV ZR 41/22).